13 Jahre Haft wegen versuchten Mordes an zwei Beamten der JVA

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13 Jahre Haft wegen versuchten Mordes an zwei Beamten der JVA

64-Jähriger ging in JVA Butzbach mit „beispielloser Skrupellosigkeit“ vor

BUTZBACH (ga). Mit ungewöhnlich drastischen Worten reagierte die Vorsitzende der Schwurgerichtskammer des Gießener Landgerichtes nach ihrer Urteilsverkündung. Eine derart beispiellose Skrupellosigkeit, Dreistigkeit und Empathielosigkeit, wie die des Angeklagten, habe sie noch nicht erlebt. Kurz zuvor hatte sie den 64-Jährigen wegen zweifachen versuchten Mordes, wegen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte und Widerstandes zu 13 Jahren Haft verurteilt. 

Dass er aufgrund seiner noch laufenden Haftstrafen mit zweifacher anschließender Sicherheitsverwahrung jemals zu Lebzeiten die Gefängnismauern verlassen wird, ist unwahrscheinlich. Daher ließen den 64-Jährigen auch bei der Urteilsverkündung, seine 22. müsste es gewesen sein, die weiteren 13 Jahre zu keiner sichtbaren Regung verleiten. 

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 64-Jährige am 8. Juni vergangenen Jahres versucht hatte, mit Glasscherben aus einem zerbrochenen Fenster zwei Justizvollzugsbeamte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach heimtückisch zu töten. Den zweiten, zunächst angeklagten Mordversuch rund fünf Wochen später in der JVA Schwalmstadt, wohin er nach dem Vorfall in Butzbach verlegt worden war, wertete die Kammer lediglich als einen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und als Widerstandshandlung. Dort hatte er zunächst gedroht, die Beamten „kalt“ oder „fertigzumachen“, wenn sie in seine Zelle kämen. Der Schlag mit einem mit Glasscherben gefüllten Beutel hätte aber aufgrund der Schutzkleidung nicht ausgereicht, tödliche Verletzungen zu verursachen, zumal dieser durch einen Beamten mit einem Schutzschild abgewehrt werden konnte, so die Vorsitzende. 

Der Vorfall in Butzbach belege das Wesen des Angeklagten, der wegen eines gleich gelagerten Vorfalls in der JVA Bautzen bereits zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt wurde, nichts Besseres zu tun gehabt hätte, als nachzudenken, wie er erneut Beamte angreifen und töten könne. Es sei eine Frechheit von ihm vor Gericht zu erzählen, er habe die Angriffe lediglich ausgeführt, um auf Sicherheitsmängel in den Strafanstalten aufmerksam zu machen. Dazu hätte es gereicht, die Waffen herzustellen, um sie dann den Beamten zu zeigen, nicht aber um sie damit anzugreifen und töten zu wollen.

Die Kammer vertrete die Ansicht, so deren Vorsitzende, dass der Angeklagtenur einmal die Wahrheit gesagt habe, als er nach der Tat in Butzbach vernommen wurde. Dort hatte er erklärt, wie er vor dem Spiegel geübt habe, wie er mit dem rund 60 Zentimeter langen Stück Glasscheibe zustechen müsse, um zunächst die Halsschlagader des einen Beamten zu treffen und anschließend mit den anderen zu Stichwaffen präparierten Scheibenstücken den anderen Beamten zu töten. Auch wie er schilderte, dass er in einem Behälter Fäkalien gesammelt hatte, die er zunächst dem ersten Beamten ins Gesicht schütten wollte, damit dieser sich, der natürlichen Reaktion folgend, zur Seite wendet und damit seine Halspartie zum Zustechen freigibt. Letzteres hatte der 64-Jährige gegenüber dem psychiatrischen Gutachter als einzige Äußerung überhaupt getätigt. 

Dieser Gutachter hatte zu Beginn der Verhandlung am Mittwoch dem Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung attestiert und eine absolut desaströse Prognose über den Angeklagten abgegeben wie er sie noch nie erlebt habe. Der Angeklagte könne die Taten jederzeit wiederholen, erklärte der Mediziner. 

Dies spiegelte sich auch in den Vorbelastungen des 64-Jährigen wider. So weist der von der Vorsitzenden verlesene Auszug aus dem Bundeszentralregister 21 Eintragungen seit dem Jahr 1975 aus. Darunter Verurteilungen wegen mehrfachen Diebstahls, Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs eines Kindes, Körperverletzung, bewaffneten Raubes und eben versuchten Mordes, ohne den aktuell nun abgeurteilten Fall. Damit hat der aus Sachsen Stammende schon fast die Hälfte seines Lebens hinter Gittern verbracht. 

Mit dem Strafmaß folgte die Kammer den Forderungen der Staatsanwaltschaft, wertete jedoch die Tat in Schwalmstadt, anders als der Anklagevertreter, nicht als versuchten Mord. Letzteres entsprach zwar auch der Meinung der Verteidigung, die lediglich sechs Jahre Haft als angemessen erachtet hatte, weil sie in keinem der Fälle, auch nicht die Tat in Butzbach, als versuchten Mord ansah, sondern als versuchten Totschlag. Das Merkmal der Heimtücke sei nicht zu erkennen, so der Verteidiger. So hätten bei der angeblichen Zellenkontrolle, die laut Angaben der JVA einen Tag vor der Tat stattgefunden haben soll, das ausgebaute Femster und die anderen gefertigten Waffen entdeckt werden müssen, was dazu geführt hätte, dass die Beamten nicht arg- und wehrlos die Zelle betreten hätten, um seinen Mandanten zu einem Arztbesuch abzuholen. 

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