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Weihnachtsspecial der Reihe „auf einen Kaffee mit“

Im Dezember 2019, als Corona nur eine unbedeutende Biersorte war, habe ich Ihnen zuletzt ein  Weihnachtsspecial dieser Reihe präsentiert. Heute ist mal wieder Zeit und Raum dafür. 

Ich habe dazu drei Butzbacher auserkoren, die in den letzten beiden Jahren hier schon ausführlich porträtiert wurden, nun aber speziell auf das bevorstehende Weihnachtsfest noch einmal befragt werden. Es soll u.a. um die Frage gehen, wie viel Brauch brauche ich eigentlich an Weihnachten? Für mich persönlich zählt auf jeden Fall der Besuch eines Gottesdienstes an Heiligabend dazu. Dies wiederum ist coronabedingt auch in diesem Jahr schwierig, umso glücklicher bin ich, dass ich mit meiner Familie vier Plätze in Sankt Gottfried um 17 Uhr ergattern konnte. Ganz ehrlich, ich hätte nie gedacht, dass ich mir mal „Eintrittskarten“ für einen Gottesdienst sichern würde. Die große Kunst vor Weihnachten ist aber, möglichst schon früher etwas „herunterzufahren“ als erst mit dem Betreten der Kirche an Heiligabend. Andernfalls kann es passieren, dass man den ersten besinnlichen Moment erlebt, wenn der Pfarrer schon den Schlusssegen spricht. Aber so leicht ist das „Herunterfahren“ eben nicht, selbst, wenn der Stress höchst erfreuliche Ursachen hat, wie bei Fabian Goedert, der gemeinsam mit seiner Partnerin Sophia Reiter und dem FISEGO-Team unlängst mit dem Hessischen Gründerpreis 2021 bedacht wurde. Seitdem ist „hochtourig“ dezent untertrieben. 

Fabian,  wie „hochtourig“ ist Euer Leben nach dem Gewinn des Preises geworden?

Fabian Goedert: Man hatte uns im Vorfeld gesagt, dass nach einem Gewinn viele Termine auf uns einprasseln würden. Die Realität aber hat alles übertroffen, wir sind weiter im absoluten Ausnahmezustand. Nach der Verleihung konnten wir uns vor Interviewanfragen unterschiedlichster Medien kaum retten. Auch die Redaktion von „Die Höhle der Löwen“ hat uns angerufen. Ebenso die Redaktion einer neuen Fernsehshow mit Kai Pflaume, in der Promis erraten müssen, was Gründer erfunden haben. Noch erstaunlicher war aber, wie viele  potentielle Investoren und mögliche strategische Partner aus der ganzen Welt bei uns vorstellig wurden. Dennoch ist es weiter unser Bestreben, möglichst ein Butzbacher,  zumindest aber ein Wetterauer Unternehmen zu bleiben und weiterhin selbst die Fäden in der Hand zu behalten. Umso skurriler ist es aber, wenn plötzlich ein Investor aus New York anruft und wir mittlerweile auch Kontakte nach Kolumbien haben. Gern möchten wir dieses Forum nun nutzen, uns bei allen Butzbachern ganz herzlich für die Unterstützung beim Wettbewerb-Voting zu bedanken. Wir konnten eine unfassbare fünfstellige Summe an Anrufen für uns verbuchen und wissen, dass der Großteil davon aus Butzbach kam. Herzlichen Dank!

Umso wichtiger erscheint mir die Frage, wie Ihr ein wenig „runterkommt“ vor den Feiertagen…

Goedert: Da wir so langsam wirklich auf dem Zahnfleisch gehen, haben wir uns mit Beginn dieser Woche ein wenig Ruhe verordnet. Vor allem für Sophia und mich ist es dringend notwendig, mal wieder in den Privatmodus umzuschalten und einfach auch mal einen Tag auf der Couch zu verbringen. Darüber hinaus werden wir versuchen, uns in diesen Tagen wieder mehr um unsere Freundschaften zu kümmern, was in den letzten Monaten deutlich zu kurz gekommen ist. 

Schon eine Ahnung, was es an den Feiertagen zu essen geben wird?

Goedert: An Heiligabend wird es – ganz traditionell – Würstchen mit Kartoffelsalat geben, an den Feiertagen einmal etwas opulenter (z.B. Hirschbraten o.ä.) und einmal etwas gemütlicher in Form eines Brunchs.

Welche weihnachtlichen Plätzchen dürfen nicht fehlen?

Goedert: Die Lebkuchen meiner Mutter! Sophia und ich machen wieder unser Gewürzbrot, das ist so ein bisschen unsere eigene kleine Tradition.

Wie wichtig sind Dir weiße Weihnachten?

Goedert: Ach, es wäre schön, wenn’s mal wieder Schnee gäbe. Ich würde auch nicht ausschließen, irgendwann mal an Weihnachten mit Sophia in die Berge zu fahren. So richtig schön tief verschneite Weihnachten auf der Berghütte, das hätte schon was. 

An welche weihnachtliche Anekdote oder besonderes Geschenk erinnerst Du Dich auch noch in vielen Jahren?

Goedert: Als ich klein war, waren wir mal in der Vorweihnachtszeit im Wetzlarer Dom und haben dort Kerzen angezündet. Meine Mutter erklärte mir, dass man damit einen Wunsch verbinden könne. Statt den still vor mich hin zu denken, habe ich nach dem Entzünden der Kerze wohl lauthals durch die Kirche gerufen: „Lieber Weihnachtsmann, bring mir bitte eine Lego-Eisenbahn…“, die ich dann letztendlich auch bekam. Als „besonderes Geschenk“ empfand ich, als meine Mutter uns letztes Weihnachten zum Ausdruck brachte, wie stolz sie auf uns sei mit dem, was wir bis dahin erreicht hatten und wie wir unseren Weg dahin gegangen sind. Das hat mich bewegt und das werde ich auch nie vergessen.

Welches Weihnachtslied geht immer?

Goedert: „Last christmas“ von Wham – in bekömmlichen Dosen aber. Das Lied ist einfach Kult.

Schon einen „guten Vorsatz“ für 2022 gefasst?

Goedert: Ja, und zwar im Blick zu haben, uns Freikapazitäten einbauen – für uns und unsere Freunde. Beruflich möchten wir erreichen, zumindest eine erste Testauf-lage unserer Steckdosenverteiler produziert zu haben und jedem unserer Freunde und Unterstützer ein erstes Exemplar unter den Christbaum legen zu können.

Als nächstes spreche ich Kai Siegl, Vorsitzender des Kleingartenbauvereins Butzbach, der nicht – wie so viele andere – über die Feiertage frei oder Urlaub hat, sondern arbeiten muss. Kai, schildere doch kurz mal den Ablauf Deines morgigen Tages.

Siegl: Der morgige Heiligabend beginnt für mich mit einer ganz normalen Frühschicht am Frankfurter Flughafen. Dort arbeite ich für die „Animal Farm“, also praktisch Cargofracht mit Tieren. Konkret heißt das für morgen: 3 Uhr 20 aufstehen, Dienstbeginn um 5 Uhr.

Ach du liebes bisschen …

Siegl: Nein, nein, das ist super. Dann bin ich um 14 Uhr zu Hause bei meiner Liebsten und wir können zu zweit einen gemütlichen Heiligabend verbringen. Viel doofer ist es, über Weihnachten Spätschicht zu haben, dann hängt man nämlich genau zur Bescherungszeit auf der Arbeit herum. Da ist auch nicht viel mit im Pausenraum sitzen, Plätzchen essen und Bescherung machen, dazu ist die ganze Logistik- und Cargo-Branche heutzutage viel zu optimiert und durchgetaktet. Mit der Frühschicht kann ich zum Glück an den Feiertagsnachmittagen und Abenden mit der Familie zusammen sein. 

Ich höre da heraus, dass der Frankfurter Flughafen keinerlei Feiertage kennt …?

Siegl: Stimmt. Der ist so international, dass das hiesige Weihnachtsfest kaum eine Rolle spielt. In anderen großen Länder und Kulturen wird Weihnachten ja entweder gar nicht oder zu einem anderen Zeitpunkt gefeiert, insofern: business as usual. Wobei das Arbeitsaufkommen eher höher ist, im normalen Cargo-Bereich ohnehin (Pakete etc.), aber auch bei uns, da über die Feiertage Herrchen und Frauchen dann doch etwas häufiger verreisen und coronabedingt derzeit noch häufiger ihr Tier mitnehmen. Viele befürchten, wegen Corona ggf. länger im Reiseland festzuhängen als geplant. 

Wenden wir uns den romantischeren Weihnachtsaspekten zu. Welche Traditionen und Rituale sind Dir wichtig? Was ist z.B. in Bezug auf weihnachtliche Filme unverzichtbar?

Siegl: Allem voran steht, Zeit mit meiner Frau und mit der Familie zu verbringen. Was Rituale angeht, nun, in geselliger Runde mit Freunden finde ich „Schrottwichteln“ immer sehr lustig, so richtig mit Regeln und „Geschenke-Rotation“. Je schräger die Geschenke sind, desto besser. Leider ist unbefangenes geselliges Beisammensein in größerer Runde auch in diesem Jahr schwierig. Was das weihnachtliche TV-Menü angeht, gehört für mich Folgendes dazu: Familie Heinz Becker (Folge „Alle Jahre wieder“), Loriots Weihnachten bei Hoppenstedts (V.v. Bülow in seiner Paraderolle), „Kevin allein zu Haus“ und „Kevin allein in New York“ (besonders die letzte halbe Stunde) und natürlich „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ sooft es geht und in diesem Jahr besonders im Gedenken an die in Juni viel zu früh verstorbene Libuše Šafránková. Aber auch „Der kleine Lord“ mit dem großartigen Sir Alec Guinness gehört dazu.

Welche Weihnachtssongs hörst Du immer wieder gern, welche nerven?

Siegl: Ich mag z.B. „Merry christmas everyone“ von  Shakin’ Stevens und „Do They Know It’s Christmas“ von Band Aid. Kritisch sehe ich „Last Christmas von Wham!“, aber weniger wegen des Songs an sich, eher wegen der Kommerzialisierung, die dahinter steckt. Der Song hieß eigentlich „Last Easter“, überzeugte die Plattenfirma aber zunächst nicht. Also wurde der Feiertag einfach geändert – so funktioniert es nun seit über 30 Jahren. 

Bei welchem weihnachtlichen Gebäck kannst Du nur schwer widerstehen?

Siegl: Bei allem, was meine Schwiegermutter an Plätzchen backt und natürlich bei den  Christstollen aus meiner Heimat Erfurt oder auch aus Dresden. Wobei, ganz ehrlich, der Stollen von der Bäckerei Mack ist auch wirklich lecker.

Wie ist das bei Euch: echter  Christbaum oder einer aus Kunststoff?

Siegl: Wir haben uns vor ein paar Jahren einen kleinen Baum aus Kunststoff besorgt, was aber hauptsächlich daran liegt, dass wir Kaninchen haben, die immer die heruntergefallenen Nadeln gefuttert haben und davon Durchfall bekamen. Die wenigen Plastiknadeln, die hin und wieder auf dem Boden liegen, schmecken denen aber zum Glück nicht.

Wie wichtig sind Dir weiße Weihnachten?

Siegl: Ganz ehrlich, für mich ist es eher hinderlich, wenn es an den Feiertagen schneit, also rein beruflich. Da ich ja schon früh los muss, ist in der Regel auch noch kein Streu- oder Räumdienst unterwegs und am Flughafen selbst bringen Schnee und Eis nur Verzögerungen mit sich, mitunter auch eine längere Arbeitszeit. Das brauche ich an den Feiertagen natürlich so gar nicht.

Verständlich. Bleiben wir bei Schnee und Eis und fragen dazu Susanne Zorn, die seit vielen Jahren im höchstgelegenen Stadtteil Butzbachs, in Bodenrod, lebt und dort ehrenamtlich als Ortsvorsteherin fungiert.  Susanne, bei Euch war es in diesem Dezember schon ein oder zweimal richtig weiß, derzeit ist aber alles wieder grün. Wie wichtig ist Dir Schnee zu Weihnachten?

Susanne Zorn: Ach, es wäre schon schön, wenn es Schnee gäbe zu den Feiertagen. Ich mag es sehr, wenn überall eine Puderzuckerdecke drüber liegt. Natürlich freue ich mich dann auch für die Kinder im Dorf, wenn sie ihre Schlitten auspacken und bei uns am Ortsrand rodeln können. 

Wie schwer fällt es Dir, aus dem Alltagstrubel in eine einigermaßen besinnliche Weihnachtszeit überzugehen?

Zorn: Wenn man wie ich passionierte Oma, Hausfrau und eben Ortsvorsteherin ist, sind die letzten Tage vor dem Heiligen Abend naturgemäß wenig besinnlich. Ich versuche aber, mich zumindest punktuell ein wenig runterzufahren, in dem ich zu Hause jede Menge Kerzen entzünde und mir eine gute Tasse Kaffee gönne. Auch der Tag, an dem wir als Familie hier im Ort den Christbaum (bzw. die Christbäume) besorgen, versetzt mich dann doch immer ein wenig in vorweihnachtliche Stimmung.

Wie läuft das bei Euch ab?

Zorn: Zunächst wird sich ein Tag ausgeschaut, an dem meine Kinder samt Elternkindern Zeit haben. Dann wird der Traktor mit einem Hänger ausgestattet und wir fahren allesamt (mit Enkelkindern und Oma auf dem Hänger) rüber zur Christbaumschonung in der Nähe der Rodelbahn und schlagen uns unsere Bäume, die dann in die Häuser unserer Familien verteilt werden. Natürlich darf auch ein Gläschen Punsch bei dieser Aktion nicht fehlen. 

An welches eher ungewöhnliche oder skurrile Weihnachtsgeschenk kannst Du Dich noch gut erinnern?

Zorn: Mein Mann hat mit vor vielen Jahren mal ein riesiges Paket unter den Baum gestellt. Ich war natürlich mega gespannt. Klar, mutmaßte ich, Parfüm würde es wohl eher nicht sein, auch kein Schmuck. Heraus kam ein Industriestaubsauger-Ungetüm. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn ich war davon überzeugt, dass unser Haus auch ohne dieses Monster sauber genug war. Im Laufe der Zeit hat das Teil dann aber doch gute Dienste geleistet und existiert bis heute – nun aber in der Werkstatt meines Mannes. Immerhin sorgt dieses „Prachtgeschenk“ als Anekdote bis heute für ein familiäres Lächeln – das kann nicht jedes Geschenk von sich behaupten.

Was wird es an den Feiertage zu essen geben?

Zorn: An Heiligabend traditionell eine große Pute mit Knödeln und Rotkohl. Davon zehren wir dann meistens noch am ersten Feiertag. Wenn am zweiten Feiertag bei uns die Familie zusammenkommt (so, wie es Corona zulässt) wird es Hase (mit Fenchel gefüllt) geben. 

Meine Lieblingsweihnachtsplätzchen sind …

Zorn: … die Butterplätzchen nach dem Rezept von „Oma Anita“, eine längst verstorbene Bodenroderin, an die sich viele von hier sicher noch gut erinnern: das Geheimnis: Puderzucker, statt Kristallzucker …

Der kleine Lord oder Drei Nüsse für Aschenbrödel?

Zorn: Der kleine Lord!

Meine Lieblingsweihnachtslieder sind …

Zorn: … als Oma natürlich „In der Weihnachtsbäckerei“ – aber nur in der Version von Rolf Zuckows-ki. Ansonsten auf jeden Fall „O du fröhliche“, das bei uns traditionell den Weihnachtsgottesdienst abschließt. Und um deine vermutlich nächste Frage gleich schon mit zu beantworten: Ich habe letztens im Radio ein Weihnachtslied von Wolfgang Petry gehört mit dem Titel  „Am Weihnachtsbaume, da hängt ’ne Pflaume“ – das geht gar nicht. 

Das ist ein Scherz oder?

Zorn: Nein, das gibt es wirklich, das kannst du googeln.

* * *

Das habe ich umgehend getan und den Clip exakt nach vier Sekunden wieder weggeklickt. Wäre ja noch schöner, mir von einem singenden Holzfällerhemd die durch die wunderbaren Telefonate mit Fabian, Kai und Susanne aufkeimende weihnachtliche Stimmung ruinieren zu lassen. Ihnen allen nun fröhliche, besinnliche und vor allem gesunde Weihnachtsfeiertage und ein gutes neues Jahr.

Der Beitrag verfällt zur festgelegten VERFALLSZEIT am VERFALLSDATUM.

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