Bürgermeister Merle erläutert Kürzung der Kita-Öffnungszeiten / „Virus aus Einrichtungen heraushalten“
BUTZBACH (thg). Existenzängste formulierte eine alleinerziehende Mutter von Kita-Kindern aus Griedel, nachdem der Butzbacher Magistrat die Nachmittagsbetreuung von 15 bis 17 Uhr unter Hinweis auf Corona eingestellt hat. Sie richtete einen offenen Brief an Bürgermeister Michael Merle (die BZ berichtete). Auf BZ-Nachfrage erläuterte Merle zusammen mit Fachdienstleiter Simon Lingenberg und Koordinatorin Alexandra Friedrich das Handeln.
Der Magistrat wolle verhindern, dass bei Auftreten eines Coronafalls bei Kindern oder Erziehern eine gesamte Kita geschlossen werden muss. Daher würden feste Gruppen eingerichtet. Auch das Personal soll Kontakt miteinander vermeiden, sodass auch unterschiedlich Pause gemacht werde. Und auch Personaltausch zwischen den Kitas als „Springer“ wird es nicht mehr geben. Trete nun ein Fall in einer „Infektionsgemeinschaft“ einer Kita-Gruppe auf, müsse auch nur diese in Quarantäne. Es sei auch nicht die Stadt oder das Gesundheitsamt, das die Kita oder die Gruppe zumache, sondern das Virus. Daher müsse es aus den Einrichtungen herausgehalten werden.
Hinter der getroffenen Regelung stünden zwei Auffassungen, die Merle so formulierte: „Ohne Gesundheit ist alles nichts“ und: „Alle Familien sind systemrelevant.“ Daher wolle die Stadt im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten versuchen, die Kitas offenzuhalten. Es gebe nur einen „Normalbetrieb unter Pandemiebedingungen.“ In diesem gilt außerdem, dass für Personal und Kinder ein Betretungsverbot herrscht, wenn ein Coronafall in der Hausgemeinschaft auftrete.
Wie der Bürgermeister berichtete, wird nun kurzfristig der Bedarf für eine Nachmittags-Betreuung in der betreffenden Zeit in den Kitas unter den Eltern, die dieses Modul gebucht haben, abgefragt. Das habe der Magistrat am Dienstag beschlossen. Die Nachmittags-Betreuung wird ohnehin nicht in allen Kitas angeboten, nur in der Pusteblume, Villa Regenbogen und Panama in Butzbach, in Hoch-Weisel und in der Kita Farbenfroh in Griedel. 95 Kinder in verschiedenen Kitas werden zu Normalzeiten in den beiden Stunden bis 17 Uhr betreut. Zusätzlich kündigte Merle an, im Anschluss auch Einzelfälle näher anzusehen und Gespräche zu führen. In der Betreuung sei allgemein festzustellen, dass Eltern auch den Umfang der Betreuung von sich aus auf das notwendige Maß reduzieren und die gebuchten Zeiten nicht voll ausschöpfen.
Mit der nun getroffenen Regelung biete die Stadt immer noch eine 40-Stunden-Betreuung pro Woche an, sagte er auf die Kita Farbenfroh in Griedel bezogen. Mit dem Blick auf das Konzept, Gruppen nicht zu mischen, könnte es sein, dass nicht alle Erwartungen aufgrund der Bedarfsabfrage erfüllt werden, gab Merle zu bedenken. Oder Gruppen müssten neu zusammengefasst werden.
Nachdem die Springer-Tätigkeit in den Kitas nicht mehr möglich ist und Quarantäne-Fälle ebenso aufgetreten seien wie andere Krankheitsfälle oder auch Beschäftigungsverbot wegen Schwangerschaft eingetreten ist, fehlten auch teils Personal-Ressourcen. „Das ist nicht nur Urlaub“, betonte der Bürgermeister, der aber auch sagte, dass die Erzieherinnen Anspruch auf Urlaub hätten und in dieser anstrengenden Zeit ihn sich auch verdient hätten. Gleichzeitig seien aber unter anderem Fortbildungen und die sonst üblichen Schließungstage beispielsweise für die Grundreinigung gestrichen worden.
Dass der Betrieb so laufe sei dem Personal zu verdanken, selbst Angehörige der Risikogruppen blieben nicht zu Hause. Es werde auch aus pädagogischen Gründen ohne Maske gearbeitet. Zu möglichen Schutzmaßnahmen setzt sich der Bürgermeister aber auch noch mit Personalvertretern zusammen. Hinzu komme, dass freie Stellen nicht besetzt werden könnten, weil der Arbeitsmarkt für Erzieher leer sei. Die freiwerdenden Stunden aus der Nachmittagsbetreuung würden dann für den Krisenfall benötigt.
Merle wies darauf hin, dass für die beiden wegfallenden Stunden keine Gebühren zu zahlen sind. Er erinnerte daran, dass die Eltern in der Corona-Schließungszeit rund dreieinhalb Monate von Gebühren freigestellt wurden. Dies habe auch für die betreuten Kinder von Angehörigen systemrelevanter Berufe gegolten. Für sie sei seinerzeit sogar frühzeitig die Betreuung bis 17 Uhr wieder aufgenommen worden. Ferner plane der Magistrat für eine Aufstockung des Personals für die Freistellung der Kita-Leitungen rund 300 000 Euro ein.