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Anette Krämer: Es darf keine Zwei-Klassen-Flüchtlinge-Unterscheidung geben
BUTZBACH (af). Seit dem 22. März verteilt der Wetteraukreis geflüchtete Menschen aus der Ukraine in die einzelnen Kommunen. 8 bis 10 Prozent der Menschen, die im Wetteraukreis ankommen, werden der Stadt Butzbach zugewiesen. Dies bedeutet, dass etwa wöchentlich 12 bis 15 Personen in Butzbach ankommen, um die sich in erster Linie Anette Krämer, die im Fachdienst Bildung und Soziales bei der Stadt Butzbach arbeitet, kümmert.
Das Organisieren von Unterkünften und Sprachkursen und die allgemeine Integration von weltweiten Geflüchteten, die nach Butzbach kommen, ist seit Jahren Routinearbeit für Anette Krämer. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ist die Arbeitsbelastung für sie und ihr Team enorm hoch. Die Anzahl von Geflüchteten steigt rasant an, sodass das Unterstützen und Integrieren der Menschen, die wegen des UkraineKrieges ihre Heimat verlassen müssen, einen eigenen Vollzeitjob füllen würde. Beidem gerecht zu werden sei eine ziemliche Herausforderung, beschreibt Anette Krämer und erzählt, dass zu den eigentlichen To-Dos nun zusätzliches Strukturieren, Fragen beantworten, Telefonieren und Wohnungen, Mobiliar sowie Sprachkurse organisieren, hinzukommt.
Sie erzählt, dass die Stadt immer häufiger nach Alternativen angefragt wird von Personen, die privat Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen haben. „Man merkt, dass die erste Euphorie des akuten Helfens und privaten Aufnehmens von Geflüchteten aus der Ukraine abnimmt“, erwähnt sie traurig. Seit letzter Woche hätten sechs Privathaushalte sie darum gebeten den privat aufgenommenen Geflüchteten nun doch eine städtische Unterkunft bereit zu stellen, da bemerkt worden ist, dass das Aufnehmen eine überstürzte Reaktion war. Doppelte Arbeit heißt das für die Stadt und Anette Krämer.
Ihr Appell an alle Menschen, die eine geflüchtete Person bei sich aufnehmen wollen, sei, dass vorher gut überlegt werden muss, ob genug Platz, Raum und psychische Kapazitäten vorhanden sind, um Personen in den eigenen vier Wänden wohnen zu lassen, die Fluchterfahrung und Traumata mitbringen und höchstwahrscheinlich kein fließendes Englisch sprechen. Zudem erlebt Anette Krämer auch, dass Personen immer noch gewillt sind, Geflüchtete aufzunehmen, aber dann meist mit sehr bestimmten und genauen Voraussetzungen. Beispielsweise wurde ihr entgegnet, dass nur eine Mutter mit Kind, das nicht im Kindergartenalter ist, aufgenommen werden kann oder die Geflüchteten nicht schwarz sein dürften.
Trotzdem resümiert Anette Krämer, ist die Bereitschaft geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufzunehmen viel größer gegenüber weltweit Geflüchteten. „Auch die weltweit Geflüchteten dürfen besonders jetzt nicht vergessen werden“, betont sie. „Denn Geflüchtete, die seit Wochen, Monaten und vielleicht sogar Jahren in Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland leben müssen, brauchen genauso viel Unterstützung, haben die gleichen Bedürfnisse und wollen sich genauso in die deutsche Gesellschaft integrieren, wie Geflüchtete aus der Ukraine.“
Im Allgemeinen weist Anette Krämer auf das Phänomen der Kategorisierung in zwei Klassen bei Geflüchteten hin. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine werden anders behandelt als geflüchtete Menschen aus anderen Teilen der Welt, obwohl in ihren Ländern auch seit Jahren Krieg und politische sowie klimatische Probleme herrschen. „Immer wieder kommen Geflüchtete aus Somalia, Syrien, Afghanistan oder Eritrea auf mich zu und fragen mich, warum sie nicht auch von Anbeginn ihrer Ankunft in Deutschland einen Deutschkurs machen durften“, erzählt sie.
Es fällt ihr vermehrt auf, dass aktuell für Geflüchtete aus der Ukraine viele Angebote gemacht werden, die die Integration und das Leben in Butzbach erleichtern, aber dennoch unfair gegenüber den restlichen Geflüchteten seien. Zum Beispiel könnten ukrainische Geflüchtete sich gratis Passbilder beim Fotografen erstellen oder sich beim Optiker eine Brille machen lassen. Dies seien nette und hilfreiche Angebote, dennoch ist es für sie unverständlich, wie diese Angebote nur für Geflüchtete aus der Ukraine gelten können. Dies unterstütze und verfestige die Zwei-Klassen Flüchtlingsunterscheidung, die nicht gemacht werden darf, stellt sie fest. Alle Geflüchtete, egal woher, bräuchten die gleichen Startbedingungen in Deutschland. Kein Mensch würde freiwillig ohne Grund aus seiner Heimat flüchten. „Zu flüchten hat immer einen immens schrecklichen Anlass, egal aus welchem Land geflüchtet wird und das darf nicht vergessen werden“, sagt Anette Krämer.
Wer Lust hat, einen unterschwelligen Deutschkurs zu geben, beim Möbelaufbauen zu helfen, auf Kinder für eine bestimmte Zeit aufzupassen, beim Ausfüllen von Anträgen und Papiere zu unterstützen oder sich in einer anderen Art und Weise ehrenamtlich engagieren möchte, schicke eine Mail an butzbachhilft@
stadt-butzbach.de oder anette.
kraemer@stadt-butzbach.de oder rufe unter 06033/995-158 an. Jede Unterstützung und Hilfe ist herzlich willkommen!