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Berühmte Besucher Butzbachs

BUTZBACH. Johannes Kepler wurde Mathematikprofessor in Graz in der Steiermark. Repros: Storck

Astronom, Theologe, Erfinder und Dichter Johannes Kepler als Teil des Gelehrtenkreises um Landgraf Philipp

BUTZBACH. In der BZ-Reihe „Berühmte Besucher Butzbachs ist auch Johannes Kepler (1571 – 1630)zu nennen. Der Astronom, Mathematiker, Theologe, Optiker, Erfinder und Dichter war mindestens zweimal in Butzbach. Denken wir an den „Stern von Bethlehem“, stellen wir uns einen Kometen mit langem Schweif vor. Vielleicht war es aber eher eine besondere Konstellation von Jupiter und Saturn, die den Weisen aus dem Morgenland den Weg wiesen. Auch ein berühmter „Sternengucker“, Johannes Kepler, befasste sich mit dem Thema. 

Auf seiner ersten Italienreise 1602/1603 machte der junge Prinz Philipp III. von Hessen die Bekanntschaft von Galileo Galilei, dem berühmten Mathematiker, Physiker, Philosophen und Astronomen. Sie führten viele Fachgespräche. In Padua besuchte der junge Prinz auch Vorlesungen des älteren Gelehrten. Aus der Begegnung ergab sich zwischen beiden ein reger Briefverkehr, der zeitlebens hielt. Galilei übersandte dem späteren Landgrafen Philipp III. von Hessen-Butzbach auch einige astronomisch-physikalische Instrumente. 

Nach dem Besuch in Italien reiste der Prinz weiter nach Prag. Es ist möglich, dass er dort erstmalig dem Hofmathematiker – und Astronomen Kaiser Rudolfs II., Johannes Kepler, begegnete. Kepler war zuvor am Hof in Prag Mitarbeiter des berühmten dänischen Astronomen Tycho Brahe gewesen und hatte nach dessen Tod die Stelle und teilweise Brahes wissenschaftliche Forschungsunterlagen übernommen. 

Zwischen Kepler und Philipp entwickelte sich später eine lebenslang währende freundschaftliche, man kann fast sagen, familiäre Beziehung, was auch die Besuche von Familienmitgliedern Keplers in Butzbach und eine Widmung von Keplers Sohn Ludwig, vermuten lassen. Landgraf Philipp ermöglichte dem Wissenschaftler den Druck einiger seiner wichtigen Werke. Kepler korrespondierte nicht nur häufig mit dem Landgrafen, sondern besuchte ihn persönlich mindestens zweimal (1621 und 1627) für mehrere Wochen in Butzbach. 

Den Butzbacher Hof sah der hochgebildete Philipp in seiner Amtszeit eher als einen Gelehrtenkreis – mit sich selbst als Mitglied. 1617/1618 ließ er auf seinem Neubau des Butzbacher Schlosses ein Observatorium für astronomische Forschungen errichten. 

Am 27. Dezember 1571 wurde Johannes Kepler als „Siebenmonatskind“ in der schwäbischen Reichsstadt, Weil der Stadt geboren. Kepler hatte keine schöne Kindheit und Jugend. Er litt sehr an der Unruhe und Missstimmung innerhalb der Großfamilie. Der Vater war Söldner. Als die Mutter ihrem Mann ins Kriegslager folgte, blieb Johannes bei den lieblosen und strengen Großeltern zurück. Nach der Heimkehr der Eltern vom Kriegsschauplatz in den Niederlanden (1576) begann ein unstetes Familienleben mit mehreren Umzügen. Letztendlich verließ der Vater Frau und Kinder, um erneut an einem Kriegszug teilzunehmen. Von diesem kehrte er nicht mehr zurück. 

Johannes erkrankte mit fünf Jahren lebensgefährlich an den Pocken, die seine Hände und Füße entstellten, sein Augenlicht bleibend schwächten und ihn später oft an wiederkehrenden Fieberschüben leiden ließen. Zwei Erlebnisse blieben ihm besonders im Gedächtnis: der Anblick des Kometen 1577 und die Beobachtung einer Mondfinsternis 1580. Da er „zu keiner Arbeit taugte“, durfte er die Lateinschule besuchen. 1583 bestand er das Landesexamen, was ihn in den Genuss der Begabtenförderung brachte. 

1584 erfolgte die Aufnahme in die niedere Klosterschule Adelberg und 1586 in die höhere Klosterschule Maulbronn. 1588 erlangte er das „Baccalaureat“, den niedersten Universitätsgrad. 1589 begann er sein Studium an der Universität in Tübingen. In den ersten beiden Jahren besuchte er unter anderem Vorlesungen in Mathematik und Astronomie. 

Nach Aufnahme in das dortige „Evangelische Stift“ 1591, begann er ein dreijähriges Studium der Theologie bei Professor Michael Mästlin, einem Theologen, Mathematiker und Astronomen. Er machte ihn mit dem „Kopernikanischen Weltbild“ (die Sonne als ruhendes Zentrum des Universums) bekannt. Seine Geburtsstadt, Weil, gewährte Kepler ein Stipendium. Befreit von den materiellen Sorgen konnte er sich ganz seinen Studien widmen. 1593 schrieb er bereits eine Disputation über den Mond und begann mit Wetteraufzeichnungen. Nicht glücklich war er mit den Vorlesungen in seinem eigentlichen Fach, der Theologie. Kurz vor Abschluss des Studiums 1594 ging bei der Universität die Bitte der Stände der Steiermark ein, einen tauglichen Nachfolger für den bisherigen Landesmathematiker vorzuschlagen. Die Wahl des Senats fiel auf Kepler.

Im April 1594 trat er die Stelle als Professor für Mathematik und Astronomie für die oberste Klasse der Evangelischen Stiftsschule in Graz an. Im April 1597 heiratete er Barbara Müller, die Tochter eines vermögenden Mühlenbesitzers. Die Familie bezog einen von ihr mit in die Ehe gebrachten Hausanteil in Graz. Seine Einnahmen verbesserte Kepler durch Honorare für Jahreskalender und astrologische Gutachten. Das Paar bekam fünf Kinder, die Kindertage überlebten zwei, Susanna (*1602) und Ludwig (*1607). 

Eine große Unterstützung bei seinem ersten und gleichzeitig einem seiner berühmtesten Werke war Kepler sein Freund und ehemaliger Professor Mästlin. Ende 1596 erschien Keplers „Mysterium cosmographicum“. Später stellte Kepler den Lehrer in den Schatten. Kepler versuchte, den Planetenbewegungen eine physikalische Grundlage zu geben, für Mästlin hatten Astronomie und Physik nichts miteinander zu tun. 

Aufgrund der Unterdrückung der protestantischen Lehre durch Erzherzog Ferdinand sah sich Kepler Ende des Jahres 1600 gezwungen, mit seiner Familie die Stadt Graz zu verlassen, in der ab seinem 23. Lebensjahr gelehrt und geforscht hatte. Es kam zu einer für die zukünftige Entwicklung der Astronomie glücklichen Fügung: Kepler nahm eine Einladung des dänischen Astronomen Tycho Brahe auf die neu eingerichtete Sternwarte in der Nähe von Prag an. Brahe stand seit 1599 in Diensten Kaiser Rudolphs II. und galt damals als der „Fürst“ unter den Astronomen vor der Erfindung des Fernrohres. Er verfügte über die genauesten Daten der Planetenbahnen dieser Zeit. Kepler erhielt von Brahe die Aufgabe, aus dessen Beobachtungen die Bahn des Planeten Mars zu ermitteln. 

Brahes äußerst genauen Aufzeichnungen verdanken wir letztendlich die ersten beiden von drei nach Kepler benannten Gesetzen, die die gesamte Astronomie revolutioniert haben. Kepler entdeckte die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich die Planeten um die Sonne bewegen. 

Zwischen Brahe und Kepler gab es aber auch Reibungen. Der Däne äußerte sich unter anderem kritisch zu Keplers „kopernikanischer“ Sichtweise. Nach Brahes frühem Tod 1601, verbesserte sich Keplers Stellung erheblich. Rudolph II. beauftragte ihn mit der Herausgabe des Braheschen Nachlasses und wurde dadurch zum Namenspaten des unter dem Titel „Tabulae Rudolphinae“ von Kepler veröffentlichten Werkes. 

Anfangs gab es Probleme mit den Erben Tycho Brahes, dann verhinderten äußere Umstände, wie der Ausbruch des 30jährigen Krieges 1618, die Vollendung. Die für das Drucken ausgewählte Druckerei brannte ab. Es wurde immer schwieriger, das für den Druck benötigte Geld aufzutreiben. Erst 1627 konnte Kepler das Werk auf der Frankfurter Messe vorstellen. Auch hierbei soll Landgraf Philipp von Hessen-Butzbach mitgeholfen haben. Zu Keplers weiterem Leben und seinen Besuchen in Butzbach mehr in Kürze in einer Fortsetzung.

Dagmar Storck

BUTZBACH. Landgraf Philipp ließ 1617/18 auf seinem Neubau des Butzbacher Schlosses ein Observatorium errichten.

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