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Butzbach ganz knapp Fairtrade-Stadt?

Mehrheit im Umweltausschuss stimmt für Teilnahme / CDU folgt Werben des Landrats nicht und enthält sich

BUTZBACH (thg). Der Wetterau-kreis ist auf die Stadt zugekommen, um sie zum Mitmachen beim Fairtrade-Zertifikat zu bewegen. Auch im verabschiedeten Klimaschutzkonzept der Stadt ist das Thema enthalten. Im Umweltausschuss hoben aber nicht alle Mitglieder die Hand für solche Bemühungen. SPD, Grüne und Linke waren dafür, für die FDP bekundete zumindest Ausschussmitglied Marion Stahl Zustimmung, die UWG lehnte das Vorhaben ab, die CDU wählte die Enthaltung. Auch der Hinweis, dass Landrat Jan Weckler, ebenfalls von der CDU, nach einem Kreistagsbeschluss pro Fairtrade auf Antrag von Union und SPD, bekunde, dass jeder einen Beitrag zur fairen Entlohnung von Produzenten leisten könne. 

Michael Tiedemann (CDU) sagte, es sei grundsätzlich ein ganz wichtiges Thema. Er fragte nach, ob die Stadt dann etwa bei der Beschaffung von Kaffee an einen Anbieter gebunden sei oder ob eine Ausschreibung erfolge. Sein Fraktionskollege Walter Fehr fühlte sich „in die verkehrte Ecke gestellt“, dabei kaufe er unter anderem Kartoffeln und Eier beim Bauern um die Ecke in Fauerbach. 

Andreas Bösch (SPD) entgegnete, dass bei zwölf Euro pro Kilo Kaffee sicher keine Ausschreibung notwendig sei, wobei er nicht wisse, wie der Kaffeeverbrauch in der Stadtverwaltung ist. Bürgermeister Michael Merle sagte, dass damit keine Ausschreibung verbunden sei. Stahl sagte, dass der Kauf beim Bauern nebenan wohl als fair angesehen werden könnte. Jeder könne auch in den Läden die Augen auf machen, und wo das Fairtrade-Siegel draufstehe, gehe sie davon aus, dass dies dann auch korrekt ist. 

Schon 2018 befasste sich das Parlament mit dem Fairtrade-Zertifikat, damals in einem Antrag von SPD und Grünen. Er fiel bei der Mehrheit durch, auch die UWG hatte ihn damals abgelehnt. Susan Steiner wollte für die Fraktion von der Klimaschutzmanagerin der Stadt, Madeleine Schäfer, wissen, ob und welche Schulen oder Vereine für eine Beteiligung am Zertifikat schon kontaktiert worden seien. Schäfer begann ihre Antwort, aber Bürgermeister Merle griff die Frage auf und forderte Steiner auf, eine städtische Mitarbeiterin nicht „ins Kreuzverhör“ zu nehmen, sondern den Magistrat zu befragen. Dann erläuterte er, dass die Stadt nach der „Vorgeschichte“ mit dem abgelehnten Antrag nicht schon die Werbetrommel rühren werde, bevor das Parlament abgestimmt hat. 

Läuft die Abstimmung dort so wie in der Ausschusssitzung angedeutet, gäbe es eine Mehrheit von mindestens 19 Stimmen – SPD, Grüne, Linke und die FDP-Stimme – bei 18 noch verbleibenden.   

Grünen-Fraktionsvorsitzende Jutta Schneider begrüßte den Antrag mit Blick auf die frühere Ablehnung und verwies auf Netzwerk-Treffen wie vor einiger Zeit in Bad Nauheim, um dort Anregungen zu erhalten. Ihre Fraktionskollegin Christiane Dörr-Eheim sagte, dass vielen gerade bewusst werde, dass es nicht beliebig sei, wo die Waren herkommen, Stichwort „Lieferketten“. 

Zuvor hatte Klimaschutzmanagerin Schäfer das Vorgehen erläutert. Der Kreis sei auf die Stadt zugekommen unter anderem, um Synergien beim Thema Fairtrade zu nutzen. Bei jedem Einkauf entscheide der Konsument auch über Nachhaltigkeit, außerdem darüber, dass die Menschen in der Produktion ein sicheres Einkommen erzielen und in einer intakten Umwelt leben können, so die Ziele des Siegels. 

In Butzbach gebe es bereits mehrere Bemühungen um fairen Handel. Läden und Gastronomen hätten Produkte im Sortiment, die evangelische Markusgemeinde hat ebenfalls Weltladen-Produkte und sei an dem Ausbau des Themas weiter interessiert. Mit der Zertifizierung, die kostenfrei sei, könnten diese Bemühungen gebündelt und besser an die Öffentlichkeit gebracht werden. Mittlerweile gebe es mehr als 2000 Fairtrade Towns in rund 36 Ländern. 

Das Zertifikat ist an Bedingungen geknüpft. So müsse die Stadtverwaltung fair gehandelten Kaffee ausschenken und ein weiteres Produkt anbieten. Eine Steuerungsgruppe mit mindestens drei Mitgliedern aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft müsse gebildet werden. In sechs Geschäften, drei Gastronomiebetrieben, dazu einer Schule, einem Verein und einer Glaubensgemeinschaft müssen fair gehandelte Produkte vorhanden sein. Diese Einstufung gilt bei der Einwohnerzahl Butzbachs. 

Seit 2014 darf sich Bad Nauheim „Fairtrade-Stadt“ nennen. Das teilte die Kommune kürzlich mit, weil gerade das Zertifikat für weitere zwei Jahre verlängert wurde. Rund 80 lokale Kooperationspartner bekennen sich laut Pressemitteilung bereits zu fairen Produktionsbedingungen. Die regionale Vernetzung werde mit der Mitgliedschaft Bad Nauheims in der fairen europäischen Metropolregion „Rhein.Main.Fair“ seit 2021 weiter vorangetrieben.

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