Butzbacher Familienunternehmen Stoffhaus Becker gibt Geschäft auf

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Butzbacher Familienunternehmen Stoffhaus Becker gibt Geschäft auf

BUTZBACH. Sie halten bis Februar den Betrieb im Stoffhaus Becker aufrecht: Gisela Becker und ihre Kinder Dörte und Johannes. Text + Foto: hwp

100-jährige Handelsgeschichte endet im Februar / Keine Nachfolger für Weiterführung gefunden

BUTZBACH (hwp). Die stabile Ladentür zur Wetzlarer Straße in Butzbachs malerischer Altstadt schwingt auf und die seit Jahrzehnten gewohnte Glocke kündigt die nächsten Kunden an. Im traditionsbewussten Stoffhaus Becker erwartet die Kaufwilligen wie seit stolzen 100 Jahren nicht nur Qualitätsware der ersten Güte. Man taucht dort ein in die unverfälschte Welt des besitzergeführten Facheinzelhandels wie er dereinst im besten Sinne war und immer noch ist, mit persönlicher Begrüßung, heimeligem Ambiente und fachkundiger Beratung. So etwas in diesem fast schon historischen Ambiente wird immer seltener heutzutage. 

Ab Februar 2022 wird es solch ein Kleinod der Geschäftswelt nicht mehr geben, denn mit der fünften Generation der Kaufmannsfamilie endet die Geschichte des „Stoff- und Ausstattungshauses Becker“ – keine Nachfolger mehr, aus und vorbei. Gisela Becker kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr und ihre anderweitig berufstätigen Kinder Dörte und Johannes auch nicht. Im Gespräch mit der Familie Becker bei einem Besuch in ihrem Geschäft klingt zwar noch der eigentlich immer noch vorhandene unerschütterliche Wille zum Weitermachen heraus, aber parallel auch die leider realistische Erkenntnis, dass die kaufmännische Tradition nebenbei im Zweitberuf in diesem Fall definitiv nicht machbar sein wird. 

Und so berichten Beckers mit einem Hauch Wehmut über die bemerkenswerte Geschichte ihres Geschäftes: „Wir sind eines der ältesten und traditionsreichsten Einzelhandelsgeschäfte in Butzbach. Seit vier Generationen führen wir das Fachgeschäft mit Stoffen, Kurzwaren, Tisch- und Bettwäsche und vielem mehr. Der Firmengründer Georg Becker stammte aus dem Ort Brauerschwend bei Alsfeld. Er war als Handelsreisender auf der Wanderschaft in Butzbach ansässig geworden. Hier heiratete er seine Ehefrau Anna geb. Lippert, deren Eltern in der hiesigen Kasernenstraße 6 eine Schuhmacherwerkstatt betrieben. Hier richtete man ein Stoffhaus ein, das schon bald einen sehr guten Ruf hatte und größere Räumlichkeiten benötigte. 

1921 erwarb man das Haus in der Wetzlarer Straße 9 in dem sich exakt 100 Jahre später immer noch das Stoffhaus befindet. Georg Becker verstarb 1952 und ihm folgte Hermann Becker, der trotz schwerer Kriegsverletzungen nun die Firma leitete. Es wurde zudem das Haus Wetzlarer Straße 7 erworben und mit dem bisherigen Laden zusammengelegt. 

Im Jahr 1969 trat der Sohn Hans-Hermann die Nachfolge in der Geschäftsleitung an. Mit Ehefrau Gisela festigte der aus dem beruflichen Fach gekommene Hans-Hermann Becker den Ruf des namhaften Geschäfts entscheidend. Die Kunden erwartete nun ein breit gefächertes, qualitativ hochwertiges Warensortiment mit Stoffen, Kurzwaren, Heimtextilien, Bett- und Frottierwäsche (die so genannten Aussteuerartikel), ergänzt um Tischdecken, Federbetten, Kopfkissen, Schürzen und Kittel. So wurde letztlich zur Abrundung des Service eine Maschine zur Bettfedernreinigung angeschafft. Es konnten jetzt vorhandene Kissen und Betten gereinigt und auch nach Wunsch individuell umgearbeitet werden, was die Kunden aus Nah und Fern sehr gerne nutzten. 

Im Mai 2013 verstarb unerwartet Hans-Hermann Becker und Ehefrau Gisela mit den Kindern Dörte und Johannes führten das Geschäft mit zuletzt eingeschränkten Öffnungszeiten weiter. Bis Anfang 2022 soll nun an den Samstagen der Verkauf  mit hohen Preisnachlässen auf die Ware in den klassischen Glasvitrinen und gefüllten Regalen weitergehen. Eine Vermietung des Ladengeschäftes nach der Schließung des Stoffhauses ist derzeit nicht geplant und so endet leise und völlig unspektakulär in wenigen Monaten die jahrzehntelange Erfolgsgeschichte einer Butzbacher Kaufmannsfamilie. 

Außenansicht

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