CLEEBERG/BRANDOBERNDORF (ser). Der Dreißigjährige Krieg ging auch an dem abgelegenen Cleeberger Ländchen nicht spurlos vorüber – wenn auch die großen Schlachten anderswo geschlagen wurden. Bereits im ersten Kriegsjahr konnten die Bauern die Felder nicht mehr ordentlich bearbeiten. Sie hatten dadurch eine solch schlechte Ernte, dass die meisten kaum ihr Saatkorn wiederbekamen. Obwohl sie daher ihre Familien „mit Weib und Kindern nur kümmerlich über den Winter brachten“, mussten sie noch erhebliche Kriegskontributionen zahlen.
Spanische Reiter und schwedische Völker zogen durch. 1623 lag in der zweiten Oktoberhälfte eine ganze Kompanie in Brandoberndorf, die unterhalten werden musste. Mit ihren 450 Pferden verfütterten sie den ganzen herrschaftlichen Fruchtanschlag. Und die Gemeinde musste noch 100 Reichstaler zuzahlen.
Einen Kampf zwischen den cratzischen und lüneburgischen Truppen im Juli 1626 beschrieb der westerburgische Beamte Johann Paul Strauch:
„Was das Kriegswesen belangt und wie verderblich es hier steht, ist nicht zu beschreiben, da im ganzen armen Amt mehr Kriegstreiben ist als im Hessischen. In Cleeberg lagen die Cratzischen und hatten sich stark verschanzt. Besonders das Schloss hatten sie zu einer starken Festung gemacht. Da rückten die Lüneburgischen heran und vertrieben die Cratzischen. In Cleeberg war sehr viel Fußvolk. Das ganze Vieh ging den Leuten verloren. Es blieb nicht ein Pferd mehr im Dorfe. Das Schloß Cleeberg war stark verwüstet, im Solmsischen Haus war keine Tür, kein Fenster, kein Ofen mehr ganz. Die Dörfer waren ruiniert. Die Cratzischen aber setzten zum Gegenstoß an und vertrieben die Lüneburgischen. Oberndorff ist stark besetzt und so verelendet, daß ich es nicht schreiben mag“.
In einer Eingabe an den Grafen Philipp zu Leiningen-Westerburg schrieb dessen Keller Christian Reuter 1636: „Wie es so übel in dem Ämtlein Cleeberg steht, zeigt, daß bald nicht mehr ein einziger Mann darin bleiben kann. Die schweren Lasten können von uns armen Leuten nicht getragen werden, sonst müssen wir Armen im bevorstehenden Winter mit Weib und Kind davon gehen und unserer Hüttchen verwaist stehen lassen“.
Das Dorf Pomberg ging in diesen Kriegswirren auch tatsächlich unter.
Noch im gleichen Jahr sollte es in Brandoberndorf zu einen Gefecht auf dem Kirchhof kommen.
Mit viel Lärm und Geschrei rückte am 19. Dezember 1636 eine starke Partei Dragoner unter dem Obersten zu Vilmar mit Gewalt in das Dorf ein. Sie schlugen die Schlagbäume auf und stürmten auf die Bauern los. Wild schossen sie um sich, um die Leute aus dem Dorf zu verjagen und ihnen die wenigen Habseeligkeiten, die sie noch besaßen, zu rauben.
Die verschreckten Bürger flüchteten schnellstens auf den von einer Mauer umgebenen Kirchhof. Hinter dieser und zwischen den auf dem Kirchengelände angelegten Gräbern verschanzten sie sich. In ihrer Todesangst stellten sie sich zur Gegenwehr. Mit ihren „Rohren“ gaben sie solch ein starkes Feuer, dass die Dragoner schließlich die Flucht ergriffen.
Rechte Freude über diesen Sieg wollte sich allerdings nicht einstellen. Einer der Dragoner war bei dem Kampf schwer verletzt worden. Die Angreifer drohten daher bei ihrem Abzug, dass sie bald wiederkommen und die widerspenstigen Dörfler schon noch heimsuchen würden.
In ihrer Angst wandten diese sich an den Keller Christian Reuter. Der sollte die Westerburger Herrschaften um Hilfe bitten. Um Gottes Willen sollten sich die Herrschaften der armen Bevölkerung erbarmen und an den Obersten zu Villmar schreiben, damit dieser von ihnen ablasse. Sie möchten dem hartgemeinten Urteil entgehen und sich nicht der Gefahr ausgesetzt sehen, in dem bitter kalten Winter von Haus und Hof vertrieben zu werden.
Letztlich kamen sie mit dem Schrecken davon und blieben von weiteren Rachezügen verschont. Ärger mit Besetzungen, Plünderungen und Zahlungen blieben ihnen aber auch weiterhin nicht erspart. Zu allem Übel raffte auch noch die Pest viele von ihnen dahin.
Selbst das Kriegsende im Jahr 1648 brachte weiteres Unglück mit sich. So sollten die Bauern noch im Februar 1648 außer den monatlichen Kontributationen 5000 Pfund Brot liefern. Dazu noch 160 Reichstaler sowie 1 ½ Ohm Bier, 10 Malter Hafer, vier Wagen Heu und 40 Pausch Stroh abgeben. Nach Gießen waren zudem 45 Achtel Brotfrucht und 1000 Pfunde Fleisch zu karren. Außerdem hatten sie Fuhrwerke zu stellen, um die schwedischen Völker nach Salmünster zu transportieren.
Schließlich mussten die Bewohner des Cleeberger Amtes noch 4000 Reichstaler Friedensgeld auftreiben und den Westerburger Herrschaften übergeben. Dieses Geld liehen sie sich größtenteils bei einem Herrn Hadermann in Butzbach. Konrad Krackmann aus Ebersgöns und Christian Emrich aus Oberndorff marschierten mit dem Friedensgeld nach Schadeck. Als Botenlohn erhielten sie hierfür 3 Gulden, 22 ½ Albus.