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Facettenreicher Freiheitskämpfer 

VORTRAG — Historiker Dr. Gad Arnsberg beleuchtet Entwicklung Friedrich Ludwig Weidigs vor Schülern

Butzbach (thg). Einen Blick auf Friedrich Ludwig Weidig im Kontext seiner Zeit warf gestern der Historiker Dr. Gad Arnsberg in der Weidigschule. Der Historiker, der in Israel geboren und zeitweise in Frankfurt aufgewachsen ist, in Israel und Deutschland studierte und lehrte, sprach im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ vor den Geschichtskursen der elften Jahrgangsstufe. Tags zuvor hatte er zum selben Thema einen Vortrag in der Schrenzerschule gehalten. Gestern Abend war er im Butzbacher Museum zu Gast (Bericht folgt). 

Geschichtslehrerin Andrea Schreiber-Guth begrüßte Arnsberg, der sich intensiv mit der Zeit des Vormärz befasst. Der Historiker mit Schwerpunkt moderne europäische und deutsche Geschichte lehrte an der Universität Tel Aviv und am Beit Berl Academic College in Israel. Er lehrte mehrere Gastsemester an verschiedenen deutschen Hochschulen.  Zuletzt veröffentlichte er seine Untersuchung „… über die Notwendigkeit einer deutschen Republik“ Die württembergische Militär- und Zivilverschwörung 1831 – 1833. Dieses Buch hatte er auch als Geschenk für die Schulbibliothek mitgebracht. Zum Dank dafür und seinen Vortrag erhielt er unter anderem Weidig-Kekse, ein neues Produkt, wie Schreiber-Guth sagte. 

Der Namenspatron der Stadt Butzbach, Friedrich Ludwig Weidig, wird mit seinen Aktivitäten als Freiheitskämpfer, Lehrer, Pfarrer und Turner in der Hauptsache in Verbindung gebracht. Dass sein Denken und seine Ideale im Laufe seines Wirkens Veränderung unterliegen, machte Arnsberg anhand des Verlaufs der Geschichte in seinem umfangreichen Vortrag deutlich. Dass er sich beispielsweise als Prediger auch antijüdisch äußerte, ist eine der Facetten Weidigs. Auf der anderen Seite soll er als 15-Jähriger als glühender Verehrer des Hebräischen in der Lage gewesen sein, das Alte Testament in der Sprache nahezu vollständig zu rezitieren. 

Als Student in Gießen stand er unter dem Bann eines deutschtümelnden Nationalismus im Geiste Johann Gottlieb Fichtes, des Turnvaters Jahn oder Ernst Moritz Arndts. Unter anderem stellte er sich die Einsetzung eines Wahl-Kaisers vor. Mit der Zeit löste er sich von gegenüber anderen Nationen chauvinistischen Gedanken. Offensichtlich glaubte er an die „Entwicklungsfähigkeit einer monarchisch-konstitutionellen Regierungsform zu einem echten repräsentativen System mit mehr bürgerlichen Freiheiten und politischer Mitsprache“.

Bis ins Jahr 1832 in der Folge der Julirevolution, die von Frankreich her auch nach Deutschland wirkte, glaubte Weidig, auf institutionellem Weg Veränderungen schaffen zu können. Nach den zutiefst reaktionären Bundesbeschlüssen im Juli des Jahres sei er dann revolutionär aktiv geworden, berichtete Arnsberg den Schülern. Als Ziel verkündete er die Republik. Anders als Büchner, der sich an die Massen gerichtet habe, sei Weidigs Wirken auf „eine von bürgerlicher und christlicher Tugend geprägte, von Gemeinwohl und gesellschaftlichem Ausgleich gekennzeichnete Ständeharmonie von ‚mittleren Existenzen‘“ gerichtet gewesen. 

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