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Butzbacher „Geschichte und Geschichten“
22. April 2022ESPA (ikr). Es gibt in diesen Tagen, die täglich von schlimmen Nachrichten geprägt sind, auch noch schöne Geschichten. Dies ist eine von ihnen: Manche Leser erinnern sich vielleicht noch an Louis Mank aus Espa und seine Familie, deren Schicksal im Januar 2018 Thema in der Butzbacher Zeitung war. Bei Louis, der heute sechseinhalb Jahre alt ist, wurde wenige Monate nach seiner Geburt das FoxG1 Syndrom festgestellt, eine schwere, unheilbare Genmutation. Er wird nie laufen, sprechen, krabbeln oder allein sitzen können. Sein damals neun Monate alter Bruder Lenny hatte Epilepsie, verursacht durch einen Hirntumor. Stefanie und Christopher Mank, die Eltern der beiden kleinen Jungen, führten zu diesem Zeitpunkt ein aufreibendes Leben im Ausnahmezustand, in dem sich rund um die Uhr alles um die kranken Kinder drehte. Dieses bemerkenswerte Elternpaar, das sein Leben zwischen ständigem Schlafmangel, Angst, Hoffnung, inniger Liebe und Zuwendung zu seinen Söhnen mutig und entschlossen meisterte und dies nach wie vor tut, wirkte 2018 trotz der extremen familiären Belastung entspannt, fröhlich und sehr positiv. Damals wurden auch Spenden für eine Delphintherapie gesammelt.
Vier Jahre sind seitdem vergangen. Was macht die Familie heute? Christopher Mank, der auch jetzt mit einer bemerkenswert positiven Ausstrahlung beeindruckt, sagt: „Vieles hat sich glücklicherweise zum Guten entwickelt, also wir sind happy. Unsere Kinder haben uns gezeigt, worauf es wirklich ankommt. Sie haben uns gezeigt, auch Kleinigkeiten zu schätzen und zu genießen. Es ist nicht immer leicht, aber wir haben unsere Lebensqualität zurück und sind sehr dankbar, es geschafft zu haben. Auch unsere Familien unterstützen uns, darüber sind wir sehr froh.“
Was hat sich alles geändert seit dem ersten Besuch bei den Manks? Als erstes fällt auf, dass die Familie innerhalb ihrer Hofreite umgezogen ist: „Wir wohnen jetzt in der ehemaligen Scheune, haben alles barrierefrei mit viel Eigenleistung eingerichtet und umgebaut, es war fast wie ein Neubau“, berichtet Christopher Mank. Vor einem Jahr war der Umzug in die neuen, hellen und freundlich gestalteten Räumlichkeiten. Beim Gespräch sitzt auch Louis mit dabei, Mama Stefanie ist gerade mit Lenny beim Sporttraining. „Lenny war nach der operativen Entfernung seines Hirntumors noch eine ganze Zeit lang halbseitig gelähmt, aber er ist jetzt wieder fit, ein richtiger Wirbelwind, und er wird alles machen können“, freut sich der 37-jährige Justizvollzugsbeamte, der in der Justizvollzugsanstalt Rockenberg für den Gefängnissport zuständig ist. Louis ist zu einem freundlichen und fröhlichen kleinen Jungen herangewachsen. „Er ist unser absoluter Sonnenschein, er kennt auch alle um ihn herum, ich glaube, er versteht mehr als wir denken“, sagt sein Papa. Die Diagnose von Louis hat sich nicht geändert. Er leidet an einem sehr seltenen Gendefekt, beide Elternteile sind völlig gesund und der Defekt ist auch nicht vererbbar. Inzwischen sind rund 1000 Kinder weltweit mit dieser Krankheit bekannt. Es gibt keine Heilung oder Therapie. Möglich ist lediglich die Behandlung der einzelnen Symptome, zu denen unter anderem epileptische Anfälle, starker Reflux (Rückfluss des Mageninhalts) und Sehstörungen zählen. „Die Forschung diagnostiziert diesen Gendefekt erst seit etwas mehr als zehn Jahren, was bedeutet, dass alle Kinder noch sehr jung sind und es nahezu keinerlei Forschung oder Information darüber gibt, auch nicht über die Lebenserwartung. Man weiß, dass bei dieser Erkrankung ein Stück des Chromosoms 14 fehlt, das für die Vernetzung und Entwicklung des Gehirns zuständig ist, weshalb alle Kinder mehrfach schwer behindert sind“, informiert Christopher Mank.
Er und seine Frau sind inzwischen Experten im Wissen um diese Erkrankung. Sie haben die deutsche Internetseite über FoxG1 mit anderen betroffenen Familien aufgebaut und einen Verein gegründet, der die Interessen der Mitglieder vertritt. Neben der Vernetzung untereinander setzt sich der Verein insbesondere auch dafür ein, führende Wissenschaftler für die Erkrankung zu sensibilisieren. In den USA wird mittlerweile schon dazu geforscht, ein Vereinsmitglied ist im engen Kontakt mit einigen Wissenschaftlern.
Auch wenn keine Aussicht auf Heilung besteht, sieht Louis‘ Vater doch eine positive Entwicklung bei seinem Sohn: „Er ist aufmerksam, kann auch Blickkontakt halten, hat Rumpfkontrolle und versucht gezielt zu greifen.“ Einmal in der Woche bekommt Louis Physiotherapie, alle zwei Wochen Logo- bzw. Schlucktherapie. Er braucht auch keine Magensonde, wie viele andere seiner Leidensgenossen. Christopher Mank erzählt: „Viermal täglich wird Louis gefüttert, alles wird püriert, das klappt super. Er zeigt uns auch, was er mag und was nicht.“ Mama Stefanie jagt sämtliche Mahlzeiten für Louis durch den Mixer, sie teilt das gelegentlich auf ihrer Instagram-Seite mit. „Louis liebt alles, was viel Geschmack hat, wie Pizza, Nutella, geräucherte Bratwurst oder auch Pilze, die der Opa selbst gesammelt hat und die wir zu einer deftigen Sauce verarbeitet haben“, schmunzelt der Vater. Für eine Mahlzeit braucht Louis 30 bis 40 Minuten. Er bekommt ein Medikament gegen den Reflux. Wenn er sich verschluckt, muss er abgesaugt werden. Vieles bewältigt die sympathische Familie inzwischen mit bemerkenswerter Routine.
Unter der Woche geht Louis mit seiner langjährigen Betreuerin Petra vom Pflegedienst zusammen in den Kindergarten. Ab dem Sommer wird Louis die Johann-Peter-Schäfer-Schule in Friedberg, die auf Kinder wie ihn vorbereitet ist, besuchen, auch gemeinsam mit Betreuerin Petra, „sie ist für uns wie eine Oma, unsere engste Vertraute, die fast täglich da ist und auch in die Urlaube mitfährt“, betont Christopher Mank.

ESPA. Louis Mank bei der Delphintherapie.