Für die 79 Mitarbeiter gibt es keinen Sozialplan / Gemeinde will bei Jobsuche helfen
Langgöns (ikr). Noch 2019 hatte das Unternehmen Truplast Kunststofftechnik GmbH expandiert und das Gebäude einer benachbarten Firma übernommen. Jetzt gibt Truplast überraschend den Langgönser Heimatstandort auf. Alle 79 Mitarbeiter in Produktion und Verwaltung verlieren ihre Stelle.
Ende Juli hatten sie in einer Betriebsversammlung erfahren, dass die Unternehmensleitung das Werk zum 31. Oktober aufgibt. Das hat jetzt Robert Richard Karsch, Assistent der Geschäftsführung, bestätigt: „Die Entscheidung, das Stammhaus zu schließen, ist uns sehr schwergefallen, aber uns blieb keine andere Wahl.“
Truplast produziert Schlauchsysteme für Staubsauger und hat Kunden in aller Welt. Das Unternehmen wurde 1974 in der Kerngemeinde Lang-Göns „Am Wingert“ gegründet. Es unterhält weitere Standorte in Thüringen und in Ungarn, die weitergeführt werden, sowie eine Unternehmensbeteiligungen in Hongkong. Heute gehört das Unternehmen Kindern des verstorbenen langjährigen Geschäftsführers Georg Linhart.
Als Grund für die Schließung sagt Karsch, dass Aufträge mehrerer großer Kunden auslaufen bzw. beendet werden. Die Produktion von Staubsaugern mit Schläuchen gehe zurück, zugunsten von Saugrobotern, die ohne Schläuche auskommen. Die Umsatzausfälle habe das Unternehmen auf einem „heiß umkämpften“ Markt nicht kompensieren können. Darüber hinaus verweist Karsch auf die „sprunghaft gestiegenen Fixkosten, hier insbesondere die Beschaffungskosten für Rohstoffe und Granulate, die Personalkosten und die Energiekosten“. Vor diesem Hintergrund sei eine wettbewerbsfähige Produktion am Standort Langgöns nicht mehr möglich.
Im Lagebericht von Truplast zum Jahresabschluss des Geschäftsjahrs 2020 hieß es dagegen noch, die geschäftlichen Aktivitäten hätten sich „besser entwickelt als erwartet“, es gebe „positive Tendenzen“ und das Jahr sei unter Berücksichtigung der Pandemie „gut“ verlaufen. Im genannten Berichtsjahr seien auch „umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen in Angriff genommen“ worden. Das Ausmaß der aktuellen Entwicklungen sei im vergangenen Jahr noch nicht absehbar gewesen, sagt dazu Karsch. „Wir hatten auf eine Erholung des Marktes nach der Pandemie gehofft. Stattdessen führte die hohe Inflation zu einer Kaufzurückhaltung bei Verbrauchern, die dazu führt, dass selbst Aufträge mit auskömmlichen Preisen einfach nicht genug Umsatzvolumen generieren, um die Fixkosten zu erwirtschaften.“ Laut Karsch seien „alle negativen Effekte seit gut einem Jahr“ aufgetreten und wirkten „sich sehr negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs in Langgöns aus“.
Was mit den Betriebsräumlichkeiten und den Maschinen geschieht, sei noch offen: „Dafür ist es noch zu früh, wir müssen den Zustand der Gebäude von Fachleuten zunächst inspizieren lassen, nachdem die alten Anlagen und Einrichtungen demontiert sind, um danach zu entscheiden, wie insbesondere die Gebäude und die Halle genutzt werden können“, sagt Karsch.
Einen Sozialplan gibt es nicht. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, berichtet: „Wir hatten mit einer Reduzierung gerechnet, aber nicht mit der völligen Schließung des Stammwerks. Als die Bombe bei der Betriebsversammlung platzte, waren wir schockiert und wie gelähmt. Noch am selben Tag lagen die Kündigungen für die Mitarbeiter abholbereit.“ Viele Mitarbeiter hätten jahrzehntelang für Truplast gearbeitet. Abfindungen seien von der Geschäftsführung nicht vorgesehen: „Da werden Menschen um Jahresgehälter gebracht“, kritisiert der Mitarbeiter. Einen Betriebsrat habe es nie gegeben. Zum Glück sei der Markt noch „relativ gut“, einige Mitarbeiter hätten bereits Vorstellungsgespräche in anderen Betrieben gehabt. „Wir hoffen alle, dass wir in Firmen im Ort oder in der Region unterkommen.“
Auch der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch zeigt sich überrascht und sehr betroffen: „Diese Schließung ist ein Schlag für die Gewerbelandschaft in Langgöns, insbesondere für die Beschäftigten von Truplast, das ein alteingesessenes, bewährtes Unternehmen war.“ Die Nachricht sei für ihn sehr überraschend gewesen, weil sich das Unternehmen schließlich 2019 noch erweitert hatte. „Die Zeichen standen auf Standortsicherung, Truplast war ein wichtiger Arbeitgeber im Ort. Es hängen an dieser Schließung nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch deren Familien, regionale Zulieferer und andere ortsansässige Strukturen dran“, betont Reusch.
Wenn es zutreffe, was er von der Art und Weise, wie die Mitarbeiter von der Schließung informiert wurden, gehört habe, sei dieses Vorgehen „mehr als enttäuschend“. Die Gemeinde wolle nun gern als Vermittler auftreten, um den Gekündigten zu helfen, ortsnah Arbeitsplätze zu finden. Als zweites müsse man Gespräche führen, um die Fläche, auf der Truplast bislang ansässig war, wieder einer guten Nutzung zuzuführen, „damit sich interessante Unternehmen ansiedeln“.