Fliegende Intensivstation im Hubschrauber der Johanniter-Luftrettung

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Fliegende Intensivstation im Hubschrauber der Johanniter-Luftrettung

Giessen. Die neueste Maschine der Johanniter Luftrettung: Einsatzmaschine vom Typ H155, von der Firma Airbus Helicopters. Seit September 2019 in Hessen im Einsatz, ist er Deutschlands modernster Hubschrauber seiner Gewichtsklasse für Intensiv- und Rettungstransporte. Die Höchstgeschwindigkeit des H155 beträgt 324 Stundenkilometer, Reisegeschwindigkeit bei knapp 280 Stundenkilometern. Eine Tankfüllung reicht für gut 850 Kilometer. Foto: Johanniter Luftrettung

Vorreiter im Transport infektiöser Corona-Patienten

GIESSEN (pm). Beim Transport intensivpflichtiger, infektiöser Patienten geht es neben möglichst kurzen Transportzeiten, gut ausgebildetem Personal und Einhalten des Infektionsschutzes vor allem um eines: die Intensivbehandlung ununterbrochen fortzuführen.

Für die Johanniter Luftrettung sind das Anforderungen, die an die meisten ihrer Transporte gestellt werden. Von den fünf Standorten in Deutschland führen die Intensivtransporthubschrauber (ITH) seit Jahren Verlegungen intensivpflichtiger Patienten durch. Meist von einer kleineren Klinik in eine größere oder in eine Spezialklinik.

Infektiöse Patienten sicher zu transportieren, stellt alle Beteiligten vor zusätzliche Herausforderungen. Die Johanniter Luftrettung hat sich frühzeitig darauf spezialisiert und das Infektions-Transportsystem IsoArk im Jahr 2013 als Erste auf Rettungs- und Intensivtransporthubschraubern eingesetzt. Sie ist damit Vorreiterin für luftgebundene Infektionstransporte. Insgesamt verfügt die Johanniter Luftrettung über drei IsoArk-Systeme. Aufgrund des erhöhten Einsatzaufkommens sind sie alle derzeit in Hessen stationiert. Die Johanniter Luftrettung kann ihre Hubschrauber auf besondere Anforderung durch eine Gesundheitsbehörde mit dem System ausstatten. „In Hessen und den angrenzenden Bundesländern haben wir mit unseren beiden Intensivtransporthubschraubern Christoph Gießen und Christoph Mittelhessen bis jetzt etwa 25 intensivpflichtige Patienten geflogen, die zum Zeitpunkt des Transportes an der Lungenkrankheit COVID-19 erkrankt waren oder unter Corona-Verdacht standen.“, erklärt der Arzt und Ärztliche Leiter der Johanniter Luftrettung, Mumi Taleb.

„Auf unseren Intensivtransporthubschraubern haben wir seit dem ersten Einsatz im Jahr 2013 bereits mehrere Generationen des IsoArk-Systems eingesetzt. Wir stehen im stetigen Austausch mit den Herstellern, haben die Entwicklung begleitet und konnten zu Optimierungen des Systems beitragen. Man kann sagen, dass für die Johanniter Luftrettung Infektionstransporte eher Routine als die Ausnahme darstellen. Auch wenn natürlich jeder Transport herausfordernd ist und die Vorbereitung des Patienten immer deutlich mehr Zeit beansprucht, als es die wenigen Flugminuten vermuten ließen.“

Das sogenannte Ein- und Ausschleusen des Patienten in die Isolationskammer ist keine Aufgabe für Jedermann. Die medizinische Crew der Hubschrauber ist speziell dafür geschult. Alle wissen genau, was getan werden muss, damit die Handgriffe sitzen und der Patient bei laufender Intensivbehandlung in das Transportsystem überführt wird: „Unter anderem dafür trainieren wir auch regelmäßig als Team. Die standardisierten Schritte gehen ins Unterbewusstsein über und mit der Übung kommt die Routine. Die Routine ist wichtig, damit auch in stressigen Situationen alle besonnen handeln. Die Patientensicherheit ist unser höchstes Gut“, unterstreicht der Arzt.

Das Infektions-Transportsystem IsoArk besteht aus einem Isolierzelt und dem zugehörigen Filtersystem. Das System arbeitet zum Infektionsschutz nach außen mit einem Unterdruck-Prinzip. Zusammen mit einem Nanopartikel-Filtersystem wird sichergestellt, dass Krankheitserreger das Isolierzelt nicht verlassen – Personal und Umgebung werden geschützt. Selbst wenn die Zelthülle beschädigt werden sollte, kann die Unterdruckpumpe Risse bis zu zehn Zentimetern Länge ausgleichen und der Schutz bliebe bestehen.

Die intensivmedizinische Behandlung wird während des Transportes nahtlos fortgeführt, da der Patient von beiden Seiten voll zugänglich ist. Durch Schleusen und integrierte Handschuhe können jederzeit alle Maßnahmen – von der Medikamentengabe bis hin zur Reanimation – sicher vorgenommen werden. „Durch den besonders großen Innenraum unserer Maschinen ist es möglich, bis zu drei Personen zusätzlich zur normalen dreiköpfigen Besatzung und dem Patienten zu transportieren. Das ist besonders in der aktuellen Situation relevant, weil wir von sogenannten ECMO-Zentren angefordert werden können. Dort holen wir das Spezialisten-Team samt Equipment ab und bringen es direkt an das Patientenbett. Die Beatmungs-Spezialisten schließen den Patienten vor Ort an das Herz-Lungen-Unterstützungssystem (ECMO) an und wir fliegen das Team und den Patienten sicher und schnell in die Zielklinik“, führt Taleb aus. 

Die Infektions-Transportsysteme werden nach jedem Einsatz in einer extra dafür gebauten Desinfektionskammer aufbereitet. Sie ist nach den strengen Richtlinien des Robert Koch-Instituts (RKI) zertifiziert und zentral in Hessen stationiert. Die Aufbereitung übernehmen speziell geschulte Desinfektoren. Dadurch stehen die IsoArks in wenigen Stunden für den nächsten Einsatz zur Verfügung. 

Die Hubschrauber der Johanniter Luftrettung sind mit modernster Medizintechnik ausgerüstet. Bei den sogenannten Primäreinsätzen, zum Beispiel bei schweren Verkehrsunfällen oder anderen lebensbedrohlichen Notfällen, fliegt der Intensivtransporthubschrauber auch klassische Rettungshubschrauber-Einsätze. Dann dauert es ab Alarmierung nur zwei Minuten, bis der Helikopter mit der dreiköpfigen Crew in die Luft steigt. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 360 Stundenkilometern sind die Retter schnell dort, wo ihre Hilfe gebraucht wird.

Die fliegerische Crew besteht aus einem erfahrenen Piloten, einem Notfallsanitäter mit spezieller Zusatzausbildung für die Luftrettung, dem sogenannten HEMS-TC (Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member) sowie einem Notarzt.

Die Johanniter Luftrettung betreibt mit ihren neun Einsatzmaschinen deutschlandweit an fünf Standorten Intensivtransporthubschrauber: Gießen, Reichelsheim (Wetterau), Marl (Kreis Recklinghausen), Nürburgring (Kreis Ahrweiler) und Rostock.

GIESSEN. Die Crew der Johanniter Luftrettung bringt das Infektions-Transportsystem IsoArk in den Intensivtransporthubschrauber. Foto: Kai Pfaffenbach

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