Teilweiser Erfolg vor Gericht für das Bürgerbegehren „Langsdorfer Höhe“ in Lich
LICH (ga). Die achte Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen hat der Stadt Lieh am Dienstag untersagt, die Wirksamkeit des Kaufvertrages für das Gewerbegebiet an der „Langsdorfer Höhe“ mit der Dietz AG zu ändern. Der aktuelle Stand, bei dem die Kammer davon ausgeht, dass der Kaufvertrag schwebend unwirksam ist, soll vorerst beibehalten werden. Zudem wurde der Stadt aufgegeben, die Bauarbeiten auf der Gewerbefläche „Langsdorfer Höhe“ zu untersagen und zu beenden. Vor Ablauf der Frist bis zum 31. Dezember dürfen sie nicht wieder aufgenommen werden.
Das Rechtsschutzgesuch der Antragsteller sei damit in Teilen erfolgreich gewesen. Den Antrag gestellt hatten Unterstützer eines in Vorbereitung befindlichen Bürgerbegehrens, das darauf gerichtet ist, den Verkauf des Geländes „Langsdorfer Höhe“ an die Firma Dietz AG zu verhindern. Stattdessen wollen die Initiatoren des Begehrens einen Verkauf an etwaige Interessenten für eine kleinteiligere Erschließung ermöglichen. Das Gericht hat die Anträge der Antragsteller dahingehend verstanden, dass der Stadt Lieh untersagt werden solle, Maßnahmen zu ergreifen, durch die der Kaufvertrag zwischen der Stadt Lieh und der Firma Dietz AG wirksam wird. In dieser Form aufgefasst hat das Gericht dem Antrag mit Blick auf das sich formierende Bürgerbegehren entsprochen. Dass die Kammer davon ausgeht, dass der Kaufvertrag über das Grundstück noch schwebend unwirksam ist, hängt mit einer notariellen Vereinbarung vom 19. Juli dieses Jahres zusammen. Sie sieht eine zeitliche Verlängerung einer im Ursprungsvertrag vom 26. September 2018 geschlossenen auflösenden Bedingung vor, sei aber durch vollmachtlose Vertreter eingegangen. Deshalb sei sie nach bürgerlichem Recht noch nicht wirksam geworden.
Nach Ansicht der achten Kammer ist das noch in der Vorbereitungsphase befindliche Begehren weder rechtsmissbräuchlich noch offensichtlich aussichtslos. Die Vorschriften zum Bürgerbegehren in der Hessischen Gemeindeordnung begründeten ein subjektiv-öffentliches Recht des Bürgers auf Einreichung und Durchführung eines Bürgerbegehrens und Zulassung desselben zum Bürgerentscheid. Durch eine Untersagung, die notariell beurkundete Vereinbarung des Nachtrages zum Kaufvertrag herbeizuführen oder zu genehmigen, könne das Ziel des beabsichtigten Bürgerbegehrens noch erreicht werden. Die Anordnung, die Bauarbeiten auf dem Grundstück zu untersagen und vor Ablauf der Frist nicht wieder aufzunehmen, ist nach Auffassung des Gerichts erforderlich. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die bereits stattfindenden Erdarbeiten das Grundstück derart verändern, dass eine anderweitige Nutzung und der Verkauf an einen anderen Investor vereitelt oder behindert werden würde. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.
Bürgermeister Bernd Klein erklärt, wie es jetzt mit dem geplanten Logistikzentrum weitergeht, liege in der Hand der Juristen. „Das müssen jetzt die Gerichte entscheiden.“ Interessant sei, dass nicht die Bindefristverlängerung des Kaufvertrages ausschlaggebend für den Beschluss war, sondern die Beurkundung von Personen unterzeichnet wurde, die nicht dazu bevollmächtigt gewesen seien. Damit sei der Vertrag nicht rechtswirksam. „Ich bin kein Jurist. Aber das bleibt jetzt spannend.“ Den Beitrittsbeschluss für die Bindefrist werde Klein auf jeden Fall auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung stehen lassen. An den Beschluss werde sich die Stadt halten. „Wir werden der Dietz AG bis auf Weiteres das Betreten des Geländes untersagen.“ Mit dem Geschäftsführer habe er bereits Kontakt aufgenommen.
Für Wolfgang Dietz kommt der Beschluss auch ein wenig überraschend. „Wir halten diese Entscheidung für offensichtlich falsch, juristisch nicht haltbar und auch nicht für nachvollziehbar. Wir gehen davon aus, dass gegen die Entscheidung unverzüglich Rechtsmittel eingelegt werden und der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu einem anderen Ergebnis kommen wird“, sagte er gegenüber dieser Zeitung. Für die Einleitung eines Bürgerbegehrens, für die die Bürgerinitiative nun bis zum 31. Dezember Zeit hat, müssen zehn Prozent der Licher mit ihrer Unterschrift zustimmen.