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Globus, Glocke, Goethes Verwandte

VORTRAG – Inschriften als Zeugen der Stadtgeschichte / Historiker-Kommission tagt im Museum Butzbach

BUTZBACH (dt). Bedauerlicherweise waren nur wenige Butzbacher am Samstag als Zuhörer in die Industriehalle des Butzbacher Museums gekommen. Dort tagte die Hessische Historische Kommission Darmstadt mit ihrer Jahreshauptversammlung, zu der Privatdozent Professor Dr. Michael Oberweis von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz das Eingangsreferat hielt mit dem Thema „Butzbacher Stadtgeschichte im Spiegel der Inschriften.“ Allerdings waren seine Forschungsergebnisse und das Material dazu so umfangreich, dass Oberweis – wie er gleich zu Anfang einschränkend anmerkte – nur „einige Highlights“ aus seiner Forschungsarbeit präsentierte. 

Oberweis ist seit 2008 Referent und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsprojekts zu den historischen deutschen Inschriften an der genannten Mainzer Akademie. Aktuell ist er mit der Bearbeitung von Inschriften im Wetteraukreis befasst. Dabei – so Oberweis – seien es „gerade oft die kleineren, unscheinbaren Objekte, die einem Inschriftenstandort sein besonderes Gepräge“ gäben. Quasi als Beweis für diese Aussage bezeichnete der Referent eine „bescheidene Metallplatte“ aus dem Butzbacher Museum, die sich zuvor vermutlich an der Turmuhr der Markuskirche befunden habe. Die Jahreszahl 1641 könne als Beleg für eine Wartung an der Uhr in jenem Jahr gelten. Ein Pendant gebe es von 1655. 

Ein Kelch aus der Markuskirche trage an der Unterseite die Jahreszahl 1519 und den Stifternamen Hermann Loez – vermutlich eher gemeint Hermann Loer oder Lober. Ein solcher Name als möglicher Stifter findet sich im Butzbacher Familienbuch. Da der gleiche Jahreseintrag auch an einem Eckquader in der Michaeliskapelle zu finden sei, könne man davon ausgehen dass der Kelch dort einst zu deren Erbauung gestiftet worden sei. Oberweis rückte einen 1632 im Auftrag des „durchlauchtesten und erhabensten Fürsten und Herrn Philipp, Landgraf von Hessen, Graf von Katzenellenbogen, Diez, Ziegenhain und Nidda“ konstruierten Globus in den Fokus. Dieser sei dem Himmelsglobus des dänischen Adligen und bedeutenden Astronomen Tycho Brahe nachempfunden, was auch die teilweise deckungsgleichen Inschriften auf beiden Globen erkennen ließen, gehe in seinen wissenschaftlichen Darstellungen zu den Sternen über diesen allerdings hinaus. Er ist seit 1830 spurlos verschwunden.  

Das 1588 vom Grafenhaus Solms-Lich errichtete Butzbacher Schloss finde vor allem wegen seiner Gestaltung des Treppenhauses das Interesse der architekturgeschichtlichen Forschung. Bis heute jedoch fehle es an einer sinnvollen Deutung der über die ganze Treppenanlage verstreuten Inschriften, bedauerte Oberweis. Mit großer Wahrscheinlichkeit folgten die Inschriften einem Jesuswort aus Matthäus 5, 37: „Eure Rede sei est, est, non, non (d.h. ja, ja, nein nein), was darüber ist, ist vom Übel.“ Daneben werde vom Schreiber eine banale Parallele zwischen dem Treppensteigen und dem Leben gezogen: „Nach dem Aufstieg folgt der Niedergang.“ Des Rätsels Lösung sei wohl in der äsopischen Fabel vom Bauern/Köhler und dem Satyr zu finden.

Auf Rang drei einer „Hit-Liste“ der berühmtesten Butzbacher Inschriften setzte Oberwies die Bauinschrift von Landgraf Philipp über dem Portal des Schlosses, dessen letzte beide Zeilen frei übersetzt lauten: „Oh du gnädiger Gott, beschütze die hessischen Löwen, / Sterne des Vaterlands, seid nie von Wolken verhüllt.“ – ein Hinweis auf das landgräfliche Wappen. Platz zwei der Liste galt einem zehneinhalbjährigen Mädchen aus möglicherweise weltberühmten Geschlecht. In der äußeren Südwand der Butzbacher Markuskirche ist ein Epitaph vermauert, der an das am 30. November 1606 verstorbene Mädchen Anna Sidonia erinnert, „des ehrnvesten und hochgelahrten Herrn Thilmani Goethen der Rechten Doctorn und der Burgk Friedbergk gewesener Syndici selige hinterlasenes Dochterlein.“ Diese Butzbacher Inschrift werde stets von Genealogen herangezogen, wenn man versuche, den Stammbaum Johann Wolfgang Goethes zu ergründen. Eine gesicherte Verbindung zwischen dem Friedberger und dem Frankfurter Goethe sei wissenschaftlich jedoch nicht zu beweisen. 

Platz eins der Hit-Liste nahm die Inschrift auf einer Butzbacher Glocke ein, die allerdings 1911 – wegen eines Sprungs – aus dem Geläut der Markuskirche entfernt wurde und somit heute nicht mehr erhalten ist. Sie habe weltweit für Furore gesorgt, sei in zahllosen Schriften zitiert worden, weil ihr lateinischer Spruch auf den seinerzeit herrschenden Aberglauben verweise, dass eine geweihte, getaufte Glocke vor dem Blitzschlag und dem Satan schützen könne. 

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