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BUTZBACH. Statt mit Gift werden in der Butzbacher Kanalisation Ratten nun mit 130 Stundenkilometer schnellen Bolzen getötet. Die Mitarbeiter der Fachfirma Anticimex, (linkes Foto, v.l.) Techniker Türker Türkyilmaz, Servicemanager Andreas Plate und Techniker Lenz Krohmer setzten gestern unter anderem in der Kasernenstraße in der Innenstadt die „Smart Pipes“ ein. Text + Fotos: thg
„Smart Pipes“ erschlagen Nager in der Kanalisation / 40 Schächte in der Kernstadt werden ausgerüstet
BUTZBACH (thg). Mit moderner Technik werden nun in Butzbach Ratten in der Kanalisation bekämpft. Im Auftrag des Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung der Stadt Butzbach (EAB) setzt das Unternehmen Anticimex „Smart Pipes“ an ausgewählten Stellen in die Abwasserleitungen ein.
An circa 40 Stellen in der Kernstadt, gestern unter anderem in der Kasernenstraße in der Innenstadt, wurden die Schädlingsbekämpfer tätig. Sie setzten die technischen Geräte in die Abwasserleitungen ein, die den Nagetieren den Tod bringen, wie Servicemanager Andreas Plate erläuterte.
In der Halbröhre sind Sensoren eingebaut, die auf Licht, Bewegung und Temperatur reagieren, aber auch auf Hochwasser. Erfassen die Sensoren eine Ratte, schlagen die eingebauten Bolzen mit 130 Stundenkilometern nach unten. „Das Tier ist sofort tot“, so der Fachmann. Die Falle ist zertifiziert, entspricht den Tierschutzvorgaben und ist vom Umweltbundesamt zugelassen, wie er betont.
Anschließend öffnet sich die Falle wieder, mit der Zeit wird der Kadaver weitergespült mit dem üblichen Abwasser. In der Regel erreicht er die Kläranlage nicht mehr komplett, unter anderem weil unter Ratten auch Kannibalismus herrsche.
Jedes Auslösen des Sensors wird auf den Server des Unternehmens weitergeleitet. Eine entsprechende Technik-Einheit befindet sich mit im Schacht, auch sie reagiert auf bestimmte Sensoren, um beispielsweise Kanalarbeiter nicht zu gefährden. Die Falle selbst sitzt im Abwasserrohr in – in der Regel – 5,50 Meter Tiefe. Alle drei Monate wird die Einheit gewartet, wobei der Akku gewechselt und die Sensoren kalibriert und das Rohr gespült werden.
Dies regelt ein Vertrag mit dem Abwasserbetrieb, wie Martin Weber, stellvertretender technischer Betriebsleiter des EAB erläuterte. Er machte sich zusammen mit Werkstudentin Svenja Berger ein Bild von den Arbeiten. Die Laufzeit des laut Plate „maßgeschneiderten“ Kontrakts beträgt zunächst ein Jahr.
Über die Erfassung der Auslösevorgänge der Fallen erhält der EAB etwa wöchentlich Meldungen. Auf diese Weise, so Weber, erhält das Unternehmen erstmals einen genaueren Überblick über das Ausmaß der Rattenvorkommen. Dies war beim Auslegen von Gift so nicht der Fall. Zudem verursachte die Rattenbekämpfung mit Giftködern unter anderem wegen der Nachkontrolle und dem neuen Auslegen der Köder jährliche Kosten von 50 000 bis 60 000 Euro, so Weber. Die Gift-Bekämpfung sei so nicht mehr erlaubt, allenfalls Köderboxen könnten noch aufgestellt werden. Ein positiver Nebeneffekt sei, dass das Gift nicht mehr in die Kläranlage und damit auch nicht mehr in den Gewässerkreislauf gelange und beispielsweise über Fisch wieder zum Menschen kommt.
Mit den elektronischen Fallen ist nun laut EAB und Firma eine strategische Bekämpfung der unerwünschten Kanalbewohner möglich. Komplett aus der Unterwelt heraushalten wird man sie wohl nicht. Denn auch über nicht mehr genutzte Zugänge oder Rohre könnten Tiere beispielsweise hineingelangen. Die Perspektive ist, die „Smart Pipes“ an ausgewählten Stellen im ganzen Stadtgebiet in die Kanalisation einzusetzen. Beginn ist in der Kernstadt wegen der höheren Siedlungsdichte und damit auch Menge an Abwasser.
Weber appelliert zudem an alle bezüglich des Umgangs mit Essensresten. Sie sollten nicht offen entsorgt werden. Wer zum Beispiel einen Komposthaufen im Garten habe, sollte die Speisereste dort nicht einfach dazuwerfen. Aber auch das Wegspülen im Abwasser ist nicht ideal, da dort dann Ratten Nahrung finden. Ferner sollten Müllsäcke mit entsprechendem Inhalt nicht frei aufgestellt werden. Und selbst Vogelhäuschen bieten den Nagetieren Futter, mindestens wenn Körner auf dem Boden liegen, mahnen Weber und Plate.
Wie der Servicemanager des Schädlingsbekämpfers erklärte, ist das Hamburger Unternehmen bundesweit tätig. Das betrifft die Region, aber auch Unterfranken oder auch Berlin und sehr stark Schleswig-Holstein. Das in Butzbach eingesetzte Team, das voraussichtlich heute mit den Arbeiten fertig wird, kommt von der Niederlassung Raunheim.