In Vergewaltigungs-Prozess Gericht unzufrieden mit Arbeit der Polizei

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In Vergewaltigungs-Prozess Gericht unzufrieden mit Arbeit der Polizei

Viele Fragen im Sachverhalt zwischen 20-jähriger und zwei Männern aus Butzbach nicht gestellt

BUTZBACH (ga). Dass sich nicht nur Angeklagte, mutmaßliche Opfer und Augenzeugen, sondern auch ermittelnde Kriminalbeamte durchaus vor Gericht kritischen Fragen stellen müssen, zeigte ein Fortsetzungstermin vor der 9. großen Strafkammer des Gießener Landgerichts. 

Denn nach Ansicht der Richter wurde in dem Fall einer mutmaßlich gemeinschaftlich begangenen Vergewaltigung in Lich im Zuge der Ermittlungsarbeiten nicht sorgfältig genug gearbeitet. Den Angeklagten, zwei Männern aus Butzbach im Alter von 31 und 23 Jahren, wird vorgeworfen, im Jahr 2020 eine damals 20-jährige Studentin in einem Auto in einem Licher Waldstück zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben (die BZ berichtete). 

Zuvor waren sie mit der Studentin, die mit dem jüngeren Tatverdächtigen bekannt war, zu einer Privatparty nach Lieh gefahren. Die junge Frau war am 10. November 2020 erstmals von der Polizei vernommen worden und zwar „nicht sorgfältig genug“, kritisierte der Vorsitzende Richter Dr. Klaus Bergmann. Zu wenige Nachfragen seien bei der ersten Vernehmung gestellt worden, warf das Gericht der ermittelnden Kriminalbeamtin vor. „Große Teile des Protokolls erscheinen en bloc, da erkenne ich kein Nachhaken“, so ein beisitzender Richter. Nach der vermeintlichen Tat hatten die Angeklagten die 20-Jährige zurück in die Party-Wohnung eines Bekannten des älteren Tatverdächtigen gefahren. Was sie dort machte, wie lange sie sich dort aufhielt, sei nicht aus den polizeilichen Ermittlungsakten ersichtlich. Ermittlungen nicht vollständig „Ich hätte gefragt, was sie in der Wohnung mit zwei Männern macht, die sie nicht kennt und die ihr nicht geheuer waren“, sagte Richter Bergmann. Man hätte durchaus auch weitere Teilnehmer der Privatparty befragen können, beispielsweise die Wohnungsinhaber. Das sei aber auch nicht geschehen. „Also mich hätte das interessiert“, sagte Bergmann trocken. „Leider gibt es hier viele Ermittlungsfehler und -lücken“ merkte auch Oberstaatsanwältin Yvonne Vockert an. So sei auch nicht nachdrücklich genug nach dem Minicar-Unternehmen gesucht worden, mit dem die vermeintlich Geschädigte von Lieh wieder nach Butzbach gefahren sei oder von welcher Bushaltestelle sie zunächst hatte wegfahren wollen. Nach Befragung von zwei Minicar-Unternehmen habe die Ermittlung dort bereits aufgehört. „Bei der Ermittlung von Kapitalverbrechen gibt es doch einen Ablaufplan, nach dem man ermittelt“, unterstrich Vockert. Warum hat man in diesem Fall so schnell die Ermittlungen abgebrochen? Warum wurde das Auto, in dem die Tat geschehen sein soll, nicht in Augenschein genommen? Die Kommissarin erwiderte, dass sie damals erst kurze Zeit bei dem Gießener Kommissariat eingesetzt war. 

„Auch belastende Zeugenaussagen kann man doch nicht so einfach hinnehmen, da muss man doch nachprüfen“, wunderte sich auch Verteidiger Frank Richtberg. „In Zukunft arbeiten Sie ein bisschen sorgfältiger“, gab der Vorsitzende Richter Bergmann der Beamtin mit auf den Weg. Der Prozess wird fortgesetzt.

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