POGROM-GEDENKEN – SPD-Ortsverein Münzenberg erinnert an Rassenhass und Zerstörungswut 1938
MÜNZENBERG (pm). Vor 80 Jahren, am 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen. Der 9. November ist der Tag, an dem organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte und Gotteshäuser in Brand setzten. Es ist der Tag, an dem tausende Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Die Pogromnacht war der Auftakt zum Völkermord in Europa.
Es ist daher notwendig, sich dieser Ereignisse zu erinnern, so der SPD-Ortsverein Münzenberg, der am Freitag die Bevölkerung zu einem Gedankgang eingeladen hatte. Der Vorsitzende Markus Herrmann begrüßte eine stattliche Anzahl Mitbürger, die sich für den Gang zum jüdischen Friedhof in Gambach eingefunden hatten.
Herrmann erinnerte an die Entwicklung zum Pogrom. Die Aktionen des 9. und 10. November 1938 waren zentral angeordnet. Sie waren nicht längerfristig geplant oder vorbereitet, sondern kurzfristig nach dem Bekanntwerden des Attentats von Paris initiiert worden. Auch nicht organisierte Menschen nahmen in fast allen Städten in nicht unerheblichem Maß an den Ausschreitungen teil, dies gilt insbesondere für die Plünderung jüdischer Geschäfte und Wohnhäuser, aber auch für tätliche Angriffe und körperliche Misshandlungen. Auch Gambach blieb davon nicht verschont. Auch dort wurden unter der Fahne von Rassenhass und Zerstörungswut Menschen gehetzt und gedemütigt.
„Uns als SPD Münzenberg ist es wichtig, die Erinnerung an die schrecklichen Geschehnisse aus dem November vor 80 Jahren zu bewahren. Genauso wichtig ist es uns allerdings auch, vor den Entwicklungen, die sich aktuell überall in Deutschland und Europa zeigen, zu warnen und zu mahnen. Schaut man sich die Bedeutung des Begriffes Pogrom an, erfährt man, dass es sich um eine gewalttätige Ausschreitung gegen bestimmte Minderheiten handelt. In ganz vielen Bereichen ist die Angst vor den Fremden, den Anderen, den anderen Kulturen, dem Unbekannten zu erleben“, so Herrmann.
Stadtarchivar Hagen Vetter erinnerte an verschiedene jüdischen Familien, die in Gambach lebten und drangsaliert wurden. Bevor es zu Deportationen in die KZ kam, suchten einige die Flucht ins sichere Ausland. Auf einer Mahntafel am alten Rathaus in Gambach befinden sich die Namen der 31 getöteten jüdischen Mitbürger.
Während des Gangs durch die Obergasse in Richtung zum jüdischen Friedhof wurde die Gruppe von Lichtern und Kerzen in vielen Fenstern begleitet. Die SPD hatte die Bewohner gebeten, sich der Vorgänge vor 80 Jahren in dieser Form zu erinnern.
Im Bereich des jüdischen Friedhofs wandte sich Sabine Vetter gegen das Vergessen. „Beim Gedenken an nationalsozialistische Verbrechen geht es nicht darum, dass sich alle Deutschen schuldig fühlen sollen, sondern darum, dass alle Menschen wissen sollen, warum Widerstand gegen rechte Ideologien heute notwendiger ist, denn je. Es fing nicht mit Gaskammern an. Es fing an mit einer Politik, die von ‚wir gegen die‘ sprach. Es fing an mit Intoleranz und Hassreden. Es fing an mit Menschen, die einfach wegschauten. Gerade jetzt ist es wichtig die Vergangenheit nicht zu vergessen.“
In der Holzheimer Straße hielt die Gruppe vor dem Haus Hauptstraße 6. Dort befand sich die Gambacher Synagoge. Hagen Vetter berichtete, dass besonders dort die Zerstörungswut nicht Halt machte und das gesamte Mobiliar dem Mob zum Opfer fiel.