Rockenberger Ausschüsse befürworten Aufnahme von Vertragsverhandlungen / EVB verlegt Gasleitung
ROCKENBERG (thg). Wer macht was im Burgweg? Um diese Frage zu beantworten, war die jüngste Sitzung der beiden Ausschüsse des Rockenberger Parlaments Gelegenheit zur Vorstellung der Investoren. Bislang ist klar, dass das Unternehmen Ratisbona dort einen Supermarkt baut und dass die Brandschützer aus Rockenberg und Oppershofen gemeinsam in ein neues Feuerwehrgerätehaus einziehen. Ärztehaus, Seniorenwohnen und Gasversorgung waren Thema im Ausschuss. Um die „Neutralität zu wahren“, so Bürgermeisterin Olga Schneider, legte der Gemeindevorstand den Ausschussmitgliedern noch keine Beschluss-
empfehlung vor. Sie sollten sich aus den Vorträgen eine Meinung bilden.
Das führte aber dazu, dass über das Seniorenwohnheim nach der Vorstellung zweier Bewerber noch nicht abgestimmt wurde. Erst in der für Montag, 18. Juli, vorgesehenen Gemeindevertretersitzung soll das Votum über die Oppershofener Pflegestation Graubert und die Firma Carestone aus Hannover, die für ein Pflegeunternehmen das Objekt planen würde, abgegeben werden.
Einstimmig befürwortet haben die Ausschüsse indes, dass CSM Bauen und Wohnen aus Bad Nauheim das Ärztehaus-Projekt umsetzen soll. Christian und Alfred Möller präsentierten in der Sitzung am Montag nun ihre Ideen. Fest steht, dass im Erdgeschoss die Apotheke einzieht. Für die Hausarztpraxis auf der selben Ebene gebe es Interessenten aus dem direkten Umfeld, aber auch andere. Im ersten Obergeschoss fände eine Zahnarzt- oder Spezialpraxis Platz, auch Ergo- oder Physiotherapie beispielsweise. Im zweiten Obergeschoss sind weitere Praxisräume vorgesehen, unter dem begrünten Dach mit Photovoltaik-Anlage eine „Hausmeisterwohnung“. Nachhaltige Materialien sollen beim Bau verarbeitet werden. Das Haus bleibt CSM-Eigentum, die Apotheke gehört nach aktuellem Stand weiter der Gemeinde. Die künftigen Mieter haben Mitspracherecht, wie ihre Räume gestaltet werden, bei Referenzprojekten unter anderem in Bad Nauheim sei dies ebenso gewesen.
Projektentwickler Andreas Hölz von Carestone stellte die mögliche Pflege-Immobilie seines Unternehmens vor. Zahlreiche Projekte mit verschiedenen Betreibern wurden bereits umgesetzt. Neben einer starken Eigenkapitalbasis trage zur Finanzierung bei, dass die Zimmer an Privatanleger verkauft werden, die es selbst nutzen oder vermieten können, im Pflegefall aber die Möglichkeit haben, „an der Warteliste vorbei“ ein – wenn auch anderes – Zimmer zu bekommen. Der Betreiber plant für Rockenberg 80 Plätze für stationäre Pflege, darin junge Pflege und „eingestreute“, also nicht dauerhafte Tagespflege, dazu 40 Plätze für Intensivpflege. Die Cafeteria ist als für jedermann zugängliche Begegnungsstätte vorgesehen.
Graubert erläuterte ausgiebig die Pflegephilosophie in seiner bestehenden Einrichtung, in der der Mensch im Mittelpunkt stehe. Alle Beteiligten sollten sich wohlfühlen können, auch generationenübergreifend über eine Beteiligung von Schule und Kitas – wie ein „Mehrgenerationendorf“. Dahinter stehe die Frage an die älteren Entscheider: „Wie wollen wir einmal leben?“ 30 betreute Wohnungen unterschiedlicher Größe sind vorgesehen, dazu 30 Tagespflegeplätze. 60 Zimmer sind für vollstationäre Pflege inklusive Kurzzeitpflege geplant.
Der Gemeindevorstand schlug vor, dass Vertragsverhandlungen mit Graubert aufgenommen werden sollen. Karen Anschütz (Grüne) wunderte sich darüber, zumal Schneider angeboten habe, dass Fragen der Parlamentarier zu den Vorträgen noch eingereicht werden könnten. Auch hinsichtlich der Verhandlungen über den Grundstückspreis habe die Gemeinde keine „Verhandlungsmasse“ mehr, wenn ein Investor rausgeschmissen werde. Ihr Fraktionskollege Nils Gonder meinte, beide Angebote seien noch zu prüfen. Es gehe um ein Millionen-Projekt. So könne man weiter verhandeln, um das beste Ergebnis zu erhalten.
Sigmar Leander (Dorfpartei) formulierte, er habe „Bauchschmerzen“, ad hoc zu entscheiden nach dem mündlichen Beschlussvorschlag. Er wolle noch in der Fraktion diskutieren. SPD-Fraktionsvorsitzender Eike Vater riet zur Abstimmung, CDU-Fraktionsvorsitzender Bernhard Widmuch respektierte den bestehenden Beratungsbedarf, plädierte aber für die Entscheidung am 18. Juli.
Die Energieversorgung des Burgwegs war schon mehrfach Gegenstand der Diskussion, unter anderem bezogen auf eine Abkehr vom Gas. Die aktuelle Situation auf dem Gasmarkt machte das Thema nicht einfacher. Michael Garhamer, Geschäftsführer der Energie und Versorgung Butzbach, war in die Sitzung gekommen, nachdem zuvor mögliche Varianten erläutert worden waren. Der Gemeindevorstand favorisierte die Lösung, dass die EVB im „Burgweg“ und „Rockenberg Süd“ Gasleitungen verlegt und die Gemeinde Rockenberg sich vorab mit 50 Prozent als Baukostenzuschuss in Höhe von 50 000 Euro beteiligt und erhielt dafür breite Zustimmung.
Hintergrund ist, dass es die EVB derzeit nicht als wirtschaftlich ansieht, Gasleitungen für die zunächst vorgesehen Fernwärmeversorgung in großem Umfang zu verlegen, solange die Abnehmer nicht feststehen. Klar ist damit aber, dass ein Gas-
anschluss in Rockenberg Süd und im Burgweg möglich ist, sei es auch nur, um als zusätzlicher Energieträger für „Winterspitzen“ zu fungieren. Andere Optionen der Wärmeerzeugung blieben damit möglich.