In Rockenberger Büro von Energieberater Theo Pauly entsteht Pilotanlage mit Entsorgungsstation
ROCKENBERG (pd). Ein neues Toilettensystem spart 100 Prozent Wasser und Abwasser. Darüber informiert der Rockenberger Umwelt- und Energieberater Theo Pauly.
In Deutschland würden täglich drei Milliarden Liter Trinkwasser durchs Klo gespült, Klärwerke gehörten zu den Hauptenergieverbrauchern in Städten und Kommunen. „Klärschlamm-Tourismus“ verursache hohe Verkehrsbelastungen und CO2-Emissionen. Paulys Büro hat eine neue Trockentoilette entwickelt. „Sie ist genauso hygienisch wie ein WC, jedoch geruchsfrei. Urin und Feststoffe werden getrennt gesammelt und zu hochwertigem Dünger aufbereitet. Damit wird es möglich, den von Spültoiletten verursachten, gigantischen Wasser-, Energie- und Ressourcenverbrauch zu minimieren.“
Allein in Rockenberg werden laut Pauly täglich etwa 160 000 Liter entsprechend acht Tankwagenfüllungen wertvolles Trinkwasser aus den Tiefen des Vogelsbergs durch Toiletten gespült. Bereits in den 1980er Jahren wurde am Büro-Standort eine Toilette mit Regenwasserspülung installiert und seither mehr als drei Millionen Liter Trinkwasser eingespart. Doch während der extremen Trockenjahre 2018 bis 2020 musste die Zisterne teils mit Trinkwasser nachgespeist werden.
Pauly erläutert die Hintergründe. Viele Städte und Kommunen werden über Fernwasserleitungen versorgt. Grundwasserstände sinken, Feuchtgebiete fallen trocken. Umweltschutzorganisationen wie die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV) fordern seit vielen Jahren einen verantwortlicheren Umgang mit Trinkwasser. Seit 2019 steht die Wasserampel der Ovag auf „gelb“. Auch aktuell ist es viel zu trocken. Vielerorts droht Wassernotstand.
Weltweit wird der lebenswichtige Rohstoff Phosphor knapp. Die wenigen Phosphorlagerstätten gehen in den nächsten circa zehn bis 15 Jahren zur Neige. Natürlicher Phosphor ist zunehmend mit Uran belastet, eine Gefahr für Ackerböden, Grundwasser und Ernährung. Mit viel öffentlichem Geld wird nach Lösungen geforscht, darunter Phosphor-Recycling aus Klärschlammasche. Gängige Verfahren verschlängen hunderte Milliarden Euro. Wasser- und Abwassergebühren werden deutlich steigen, jedoch kein Tropfen Wasser eingespart.
Jeder spült täglich circa 40 Liter Wasser durchs WC. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes werden jährlich circa sieben Millionen Tonnen Klärschlamm mit circa 70 Prozent Feuchte durchschnittlich 150 Kilometer transportiert und in Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken verbrannt. Das wird beschönigend als „Thermische Verwertung“ bezeichnet. In Wahrheit ist es eine gigantische Rohstoff- und Energievernichtungsmaschinerie mit jährlich über vier Millionen Lkw Transportkilometern und 4000 Tonnen CO2-Emissionen.
„Das WC hat keine Zukunft. Wir brauchen einen Systemwechsel in der Sanitärtechnik“, so Pauly. Mit der neuen Trockentoilette würden mit Trennung und Recycling von Urin und Feststoffen mehrere Probleme nachhaltig gelöst: kein Wasserverbrauch, kein Abwasser, kein Schadstoffeintrag in Böden und Gewässer, regionaler Phosphor- oder Nährstoffkreislauf, Bodenverbesserung, Klimaschutz. Mit der flächendeckenden Einführung des Systems würden allein in Deutschland 35 Prozent des Trinkwasserbedarfs und der Strom eines mittleren Kohlekraftwerks eingespart.
Die Trockentoilette ist geruchlos und ebenso hygienisch wie eine Spültoilette. Sie kann in ein- und mehrgeschossigen Gebäuden, im Neubau und Bestand installiert werden. Der Prototyp im Büro Pauly wird derzeit zu einer Pilotanlage inklusive Entsorgungsstation ausgebaut. Gemeinsam mit Partnern wird das System ständig weiterentwickelt. Ziel ist es, nachhaltige, regionale Nährstoffkreisläufe zu etablieren.