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Ohne Bachelor, aber mit Oma

BUTZBACH. Sein aktuelles Programm „Es kommt wie’s kommt“ präsentierte der niederbayerische Kabarettist Martin Frank am Samstag im Butzbacher Schlosshof. Text + Fotos: dt

Comedian Martin Frank, eine „unbandige Rampensau“ aus Niederbayern im Schlosshof

BUTZBACH (dt). Im Bayerischen Fernsehen wurde er unlängst als „unbandige Rampensau“ charakterisiert. Am Samstag bewies Comedian und Kabarettist Martin Frank mit seinem Programm „Es kommt wie’s kommt“ im Butzbacher Schlosshof, dass er diese „Ehrenbezeichung“ wohl zu Recht verdient. Noch für viele Kleinkunst-Freunde außerhalb Bayerns mag er eine Neuentdeckung sein, und man tut ihm sicherlich nicht Unrecht, wenn man ihn mit seinen erst 25 Jahren (noch) als Nachwuchstalent auf der Comedy- und Kabarettbühne bezeichnet. Allerdings ist er – nach TV-Auftritten im 3sat-Comedyzelt und bei Dieter Nuhr – schnurstracks auf den Weg in die erste Reihe auf den deutschen Kleinkunstbühnen. 

Bei seinem zweistündigen komödiantischen Parforceritt inklusive Pause im Schlosshof zeigte sich der katholische Niederbayer – nach einer „vogelwilden“ Begrüßung durch das Publikum – gleich zu Anfang sehr irritiert, dass hier in Butzbach so wenig Katholiken im Publikum waren; mit einer kurzen Befragung hatte er dies festgestellt. In längeren Passagen beschäftige sich Martin Frank den Abend über immer wieder mit der eigenen Biografie, wobei er sich untröstlich darüber zeigte, dass er einer Minderheit angehöre, da er keinen Bachelor habe: „Mir reicht der Bachelor von RTL!“ Unverständlich sei, dass er ständig gefragt  werde, was er studiere oder studiert habe: „I geh doch aach nit als Taube in an Hühnerstall unn froag’, wo fliagn wir denn heut hin.“ 

Gleich nach der Pause zu Beginn des zweiten Teils übt er starke Kritik an der gesellschaftlichen Entwicklung, dass für junge Leute nur noch ein Studium zähle, während im Handwerk die Azubis fehlten. „Wer verkaaft mir denn dann a Leberkaas-Semmel? – Frau Dr. Blutwurscht?“ Für dieses schmackhafte bayerische Fastfood-Produkt suchte er zur Erläuterung ein hessisches Pendant, konnte aber mit dem aus dem Publikum vorgeschlagenen „Handkäs mit Musik“ – insbesondere mit der „Mussik“ – nicht viel anfangen.  Immer wieder kehrt Frank zur eigenen Biografie zurück, kokettiert nicht mit einem Migrations-, sondern mit seinem „agrarischen“ Hintergrund.  

Auf einem niederbayerischen Bauernhof aufgewachsen, erfüllte sich der Traum nicht, am Salzburger Mozarteum klassischen Gesang studieren zu dürfen. Er fällt durch die Prüfung. Danach absolviert er eine dreijährige Schauspielausbildung – und ist arbeitslos. Mehr oder weniger hilfreich – ein „running gag“, der sich durch den Abend zieht – sind die exzellenten, aber oftmals recht seltsamen Lebensregeln der stets anwesenden Oma. Seine niederbayerische Heimat sei so arm, appelliert er augenzwinkernd an das Mitleid des Publikums, dass die Eichhörnchen dort weinend am Straßenrand säßen, weil sie nichts zu fressen fänden. Seinen eigenen Status kennzeichnet er – mitleidheischend – als „dumm, einsam, obadachlos“. Wer in Niederbayern mit 25 Jahren noch nicht unter der Haube sei, für den zünde man im Dorf eine Opferkerze an. Er mischt dies alles mit einer kräftigen Prise Gesellschaftskritik, wobei er das unmittelbar aktuelle politische Geschehen gänzlich ausblendet. Für Frank ist eine eventuell mutwillig gezogene Grenze zwischen Comedy und Kabarett nicht vorhanden. 

Die Überraschung des Abends sind die vier gesanglichen Darbietungen, die Frank in sein flottes Programm einstreut. Hier hat einer in der Tat eine Sängerkarriere verpasst. Kräftigen Applaus gibt es jeweils nach einer Arie aus Bizets Carmen und weiteren Gesangsstücken aus der Operettenwelt. Umwerfend ist die „Mini-Zugabe“ am Ende, als er berichtet, wie die Bauernhof-Urlauberin Brigitte aus Nordrhein-Westfalen in große Trauer verfällt, weil vor ihren Augen „ein Huhn verstorben“ ist. Frank klärt sie auf, dass in Bayern noch nie ein Huhn „verstorben“ sei, sondern „bei uns v’rreckt a Henne“. Obwohl das zuvor noch nie geschehen sei, habe man der Urlauberin zuliebe danach am Misthaufen das Huhn mithilfe eines Pfarrers offiziell bestatten müssen. Dazu präsentiert Frank im Butzbacher Schlosshof für das tote Huhn – mit Anleihen an Georg Friedrich Händel – gesanglich eine tieftraurige Abschiedsarie, die er mehrfach unterbricht mit der Ermahnung ans Publikum, die Trauerzeremonie nicht durch Gelächter zu unterbrechen. Bei dem ganzen Geschehen habe er die Beerdigung von Federvieh als eine Marktlücke entdeckt, die es wirtschaftlich auszubauen gelte, teilt er mit. 

Zuvor – zu Beginn der Veranstaltung – hatte es Blumen zum Abschied für Rita Herth gegeben. Ralf Bartel dankte Rita Herth für ihre langjährige Mitarbeit, er und sein Veranstaltungsteam verabschiedeten Herth mit Blumengrüßen offiziell aus dem Organisationsteam der Kleinkunstreihe. 

BUTZBACH. Ralf Bartel und sein Organisationsteam verabschiedeten Rita Herth mit Blumengrüßen und dankten ihr für ihre langjährige Mitarbeit. Foto: dt

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