91-Jähriger seit 65 Jahren im Einsatz, ab 1963 Pfarrstelle Oppershofen / Ehrenbürger der Gemeinde Rockenberg
OPPERSHOFEN (fio). Dieses seltene Jubiläum ist nicht jedem vergönnt, sei es die eiserne Hochzeit oder eben das eiserne Priesterjubiläum. Eduard Scheld (91), früherer und langjähriger Pfarrer von Oppershofen, kann am heutigen Freitag auf dieses außergewöhnliche Fest zurückschauen; auf 65 Jahre priesterlichen Wirkens im Weinberg des Herrn. Am 26. Februar 1956 wurde er im Hohen Dom zu Mainz zum Priester geweiht.
Eduard Siegfried Scheld erblickte am Freitag, dem 4. Oktober 1929 im Krankenhaus der Stadt Oderberg in der Mark Brandenburg, als 7. und jüngstes Kind seiner Eltern Eduard und Anna Scheld, geborene Stephan, das Licht der Welt. Sein Vater war Wiesenbaumeister (‚Dammmeister‘) für den Deichverband des Oderbruchs.
Er wuchs mit seinen Geschwistern Leonhard Wilhelm, Hildegard Marta, Anneliese (starb im Alter von sechs Monaten), Alfred Joachim, Ursula Anna und Christa Maria im elterlichen Haus in Neuglietzen auf. Seine Schwester Ursula schrieb Jahre später über ihren jüngsten Bruder und das Nesthäkchen der Familie: „Er war als Baby und Kleinkind ein ganz süßes, kleines Kerlchen mit goldblonden Löckchen, das wir Geschwister sehr liebten. Ich jedenfalls bedauerte es unendlich, dass, als er älter geworden war, die kindlich niedliche Lockenpracht einem Jungenhaarschnitt zum Opfer fiel.“
Eduard besuchte die Grundschule in Neuglietzen und ging später auf das humanistische Gymnasium in Bad Freienwalde. Im Zuge des 2. Weltkriegs musste die Familie fliehen und kam 1945 in den Westen nach Tailfingen auf die Schwäbische Alb, wo bereits Schelds ältere Schwester an einem Institut wissenschaftlich tätig war. In Ebingen ging er weiter zur Schule und erlangte dort sein Abitur. Später zogen die Eltern nach Eiserfeld bei Siegen, dem Geburtsort des Vaters. Scheld selbst trat im Jahre 1950 ins Mainzer Priesterseminar ein und wurde mit der „Tonsur“ in den Klerikerstand erhoben. Hier befanden sich etwa 140 Seminaristen! Eine Zahl, von der man heute nur träumen kann: heute ist die Zahl auf einige wenige geschrumpft. Er studierte an der dortigen Universität Philosophie und Theologie. Im Seminar erhielt er noch die so genannten „vier niederen Weihen“, die zum „Ostiarier“, dem so genannten „Türschließer“, der ursprünglich mit dem Öffnen, Bewachen und Verschließen der Kirchentüren beauftragt war; die zum „Lektor“, dem Vorleser aus der Hl. Schrift im Gottesdienst; zum „Exorzisten“, der mit bischöflicher Beauftragung eine Dämonenaustreibung praktizieren darf und die Weihe zum „Akolythen“, der Kreuz und Leuchter tragen durfte und mit der Sorge um Kerzen und den Messwein betraut war, also im weitesten Sinne mit den Aufgaben eines Küsters.
Nach vier Semestern Studium in Mainz ging Scheld 1952 nach Südfrankreich, um in Toulouse für ein Jahr Theologie zu studieren. Hier erwuchs in ihm die Liebe und die Leidenschaft für unsere Nachbarn, deren Kultur, deren Sprache und deren Essen. Noch bis vor drei Jahren verbrachte er seinen jährlichen Urlaub in der Provence.
Aus Südfrankreich wieder heimgekehrt, erhielt er als Seminarist die „drei höheren Weihen“: am 17.12.1955 die Subdiakonatsweihe und am Heiligen Abend, 24.12.1955, die Diakonatsweihe. Scheld wurde dann am Sonntag, dem 26. Februar 1956, im Hohen Dom zu Mainz mit seinen Mitbrüdern Philipp Haubrich und Johannes Georg Tölg durch Gebet und Handauflegung des Bischofs von Mainz, Dr. Albert Stohr, zum Priester geweiht. In dieser Zeit gab es pro Jahr noch zwei Weihetermine für das Mainzer Priesterseminar: einen im Frühjahr, einen im Sommer. Während Scheld im Februar mit zwei weiteren Kandidaten geweiht wurde, waren es im Sommer zehn junge Männer. 2020 gab es nur eine einzige Priesterweihe in Mainz! 2019 ebenso: Maximilian Eichler aus Butzbach / Griedel, der über Jahre hinweg in Oppershofen regelmäßig als Organist tätig war wurde im Juli geweiht und hielt, auf Einladung von Pfarrer Scheld, in der St. Laurentiuskirche seine Nachprimiz.
Seine erste heilige Messe, die so genannte „Primiz“ (von lateinisch „prima missa“ = erste Messe) hielt Scheld am Sonntag, 4. März 1956 in Eiserfeld, dem Wohnort seiner Eltern. Noch im selben Jahr kam er nach Neu-Isenburg, wo er bis 1959 als Kaplan wirkte. Danach wurde er nach Bodenheim versetzt, von wo er ein Jahr später zu seiner dritten Kaplansstelle nach Gau-Algesheim geschickt wurde. Hier blieb er bis 1963. Am 15. November desselben Jahres trat er, als Nachfolger von Pfarrer Georg Morschel, seine erste und einzige Pfarrstelle in Oppershofen, dem Geburtsort des heiligen Bardo, an. Während eines feierlichen Levitenamtes wurde er vom damaligen Dekan des Dekanates Friedberg, Friedrich Faßhauer, in sein Amt eingeführt.
Eduard Scheld hat in den fast 56 Jahren als Pfarrer von Oppershofen – gemäß seinem Auftrag – zahlreiche seiner ihm anvertrauten Gläubigen seelsorglich betreut. So hat er über 800 Kindern das Sakrament der Taufe gespendet, zahlreiche Jugendliche begleitete er zum ersten Mal zum Tisch des Herrn und bereitete sie später vor, um das Sakrament der Firmung zu erhalten. Vielen Paaren assistierte er, als sie sich das Sakrament der Ehe spendeten. Ebenso begleitete er in dieser Zeit alle Oppershöfer, die ihren letzten Weg hin in die Ewigkeit gingen. Über Jahre hinweg war er Religionslehrer in verschieden Schulen in Oppershofen, Rockenberg, Bad Nauheim und Butzbach und noch mit weit über 70 Jahren unterrichtete er in der Grundschule seiner Pfarrei.
Hinzu kamen die Katholiken aus Steinfurth, die, bevor sie der Pfarrei Bad Nauheim zugeteilt wurden, ebenfalls von Pfarrer Scheld betreut wurden. 24 Jahre hindurch, von 1984 bis 2008, war Eduard Scheld noch zusätzlich Pfarrer von Gambach. Ihm zur Seite standen in Oppershofen und Gambach über mehrere Jahre hinweg die Diakone Wolfgang Schenk, Wolfgang Kaiser und Lothar Landendinger. Auch konnte er auf mehrere Mitbrüder, die bereits pensioniert waren, zurückgreifen: Geistlicher Rat Pfarrer in Ruhe Paul Graubert, der in Oppershofen geboren wurde und hier seinen Lebensabend verbrachte († 2005), Monsignore Geistlicher Rat Pfarrer in Ruhe Dr. Alois Krchnak, der bis 2005 in Oppershofen in seinem Ruhestand lebte und 2008 in seiner Heimat in Brünn (Mähren/Tschechische Republik) starb. Ab 2001 wurde er tatkräftig von dem gebürtigen Oppershöfer Pfarrer i. R. Gottfried Bell unterstützt, der ebenfalls seinen Ruhestand in seiner Heimatgemeinde verbringt.
Während seines priesterlichen Wirkens in Oppershofen ergriffen drei Kinder der Gemeinde einen religiösen Beruf: Maria Theresia Heller trat 1988 in das Kloster der Augustiner-Chorherren, Brüder und Schwestern vom gemeinsamen Leben in Mariabronn in Weilheim ein, 2002 wurde Markus Hildebrand in Mainz zum Ständigen Diakon geweiht und 2010 erhielt, ebenfalls im Mainzer Dom, Richard Graubert die Weihe zum Ständigen Diakon.
Zweimal wurde die Pfarrkirche St. Laurentius unter seiner Regie renoviert: in den Jahren 1973 bis 1976 im Zuge der Liturgiereform durch das Zweite Vatikanische Konzil, als auch ein so genannter „Volksaltar“ und ein Ambo in der Kirche errichtet wurden. Eine weitere Renovierung erfolgte in den beginnenden 2000er Jahren, die in erster Linie durch Spenden und mit dem Erlös der Pfarrfeste und der weit über Oppershofen bekannten Bücherbasare finanziert wurde.
Im Laufe der Zeit wurden ihm einige Ehren zuteil, wobei er manche freudig annahm, andere hingegen dankend ablehnte. Den Titel eines „Geistlichen Rates“ zum Beispiel, den ihm der Bischof von Mainz verleihen wollte, lehnte er in seiner Bescheidenheit dankend ab. Auf der anderen Seite freute er sich sehr, als er im Dezember 2003 zum ersten Ehrenbürger der Gemeinde Rockenberg ernannt wurde. Eine Besonderheit dürfte wohl sein, dass die Gemeinde Rockenberg einen Platz, und zwar den vor der Pfarrkirche beziehungsweise gegenüber des Pfarrhauses nach ihm benannte: den Pfarrer-Eduard-Scheld-Platz.
Scheld feierte in seiner Gemeinde auch alle seine Jubiläen wie die runden Geburtstage, das Silberne (1988) und Goldene (2013) Ortsjubiläum als Pfarrer von Oppershofen, aber auch seine Priesterjubiläen: das Silberne (1981), das Goldene (2006), das Diamantene (2016) und in diesem Jahr nun auch das Eiserne. Dazu lud er immer alle Gemeindemitglieder ein mit ihm die feierlichen Gottesdienste zu begehen, hierbei war ihm immer eine würdige und passende Liturgie wichtig, hierbei spielte die Kirchenmusik eine besondere Rolle. Gerade die Musik in der Liturgie zieht sich wie ein roter Faden durch sein priesterliches Wirken. Den Titel „Der Psalmenpfarrer“, den er vor langer Zeit, kurz nach der Liturgiereform durch das Konzil in den 1970er Jahren – in eher verächtlicher Weise – einmal von einem Kritiker „verliehen“ bekam, sieht er noch heute als Kompliment an und fühlt sich bestärkt in seinem Tun: hatte das Konzil doch bestimmt, wieder mehr Psalmengesänge aus dem Alten Testament in die Liturgie aufzunehmen. Und daran hielt sich Scheld in besonderer Weise – nicht in erster Linie, weil es eine Weisung „von oben“ war, sondern weil dieser Gebetsschatz in der Messe der alten Liturgie etwas zu kurz kam und er es als seine Aufgabe sah, diesen Schatz zu fördern und zu verbreiten. Die Auslegung der Hl. Schrift hatte für ihn in seinen sonntäglichen Predigten oberste Priorität. Stets predigte er frei und ohne Manuskript, theologisch fundiert und die Zuhörer fesselnd auf seine ihm eigene intellektuelle Art.