Seit 1922 Dreiklang der Kirchenglocken

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Seit 1922 Dreiklang der Kirchenglocken

WALDSOLMS/BRANDOBERNDORF. Mit einem Flaschenzug werden 1922 die beiden neuen Glocken in den Brandoberndorfer Kirchturm gezogen. Repro: ser

Einweihung in Brandoberndorfer Gotteshaus vor 100 Jahren / Vorgänger als Kriegsmaterial eingeschmolzen

WALDSOLMS-BRANDOBERNDORF   (ser).  Am Ostersonntag vor 100 Jahren – dem 16. April 1922 – feierte die Brandoberndorfer Bevölkerung einen Dankgottesdienst zur Einweihung von zwei neuen Kirchenglocken. Sie ersetzten die kleinere der beiden Kirchenglocken, die am 12. Juli 1917 während des Ersten Weltkrieges zusammen mit den zinnernen Prospektpfeifen der Orgel abgeliefert werden musste.

Foto: serowy

Die Brandoberndorfer Schulchronik berichtet: „Des Krieges rauhe Hand greift selbst hinein in das stille Heiligtum der Kirchen. Von unseren beiden Glocken traf die kleiner das Los, sich für das Vaterland zu opfern. Am 12. Juli 1917 läuteten die beiden Glocken zum letztenmal gemeinschaftlich. Wehmütig hallten die letzten Grüße der Scheidenden über das Dorf. Da die Glocke nicht ganz vom Turme heruntergebracht werden konnte, musste sie in Stücke zerschlagen werden. Wie Schmerzensschreie drang es uns ins Ohr und ging durchs Herz, als sie unter den Schlägen des Hammers zusammenbrach. Drunten auf dem Kirchplatz stand die Menge und schaute zu, wie die Stücke durch das Turmfenster hinab auf die Erde flogen. Die Glocke trug die Jahreszahl 1738; sie hatte ein Gewicht von 379 kg. Auch die weiteren Waldsolmser Gemeinden mussten 1917 Glocken und Orgelpfeifen an die Rüstungsindustrie abgeben.

Bereits fünf Jahre später erhielt die alte Kirchenglocke von 1545 in ihrem Turm wieder Begleitung. Zuvor wurde in vielen Sitzungen der Kirchen- und der Zivilgemeinde heftig darüber diskutiert, ob eine oder zwei neue Glocken angeschafft werden sollten. Schließlich wurde – insbesondere durch das „zähe Festhalten und dem Zusammengehen von Pfarrer Boecker und Bürgermeister Stahl“ – die Anschaffung von zwei Glocken beschlossen und ein Dreiklang genehmigt. 

Die Firma Rinker in Sinn erhielt den Auftrag zur Lieferung der Glocken. Im Februar 1922 erfolgte der Guss. Die größere Glocke – auf den Ton „E“ gestimmt – wog 30 Zentner und trug die Inschrift „Tröstet, tröstet mein Volk! – Geopfert ist, die erst hier war – Das Land trägt Schmach, Not und Gefahr – Es lasse Gott, dem wir vertraun – uns gnädig bess`re Zeiten schaun!“. Die kleinere Glocke – auf den Ton „H“ gestimmt – wog 6 Zentner und trug die Inschrift „O Land, Land höre des Herrn Wort! –Ich juble Fried und Freud – Ich löse Lust und Leid – Ich rufe zur Ewigkeit“.

Der Glockenprüfer – Pfarrer Schildge aus Steinfischbach – lobte in seinem Glockengutachten vom 8. März 1922 die Leistungswerte aller drei Glocken in höchsten Tönen. Sein Gutachten schloss: „Die Glocken zeigen einen weichen und doch machtvollen, seelenvollen Ton, der zu Herzen spricht. Das äußere Gußbild ist das angenehmste; es zeigt, daß die Glocken in guter Mischung und bei entsprechendem Hitzegrad gegossen wurden. Ornamentik sowie Inschriften sind hochbefriedigend ausgeführt. Ich kann dies Geläut mit Freuden zur Abnahme empfehlen.“

Aber nur 20 Jahre später wurden während des Zweiten Weltkrieges am 7. Januar 1942 auch diese beiden Glocken wieder vom Turm geholt. Nach Kriegsende warb der Brandoberndorfer Pfarrer Julius Cronenberg intensiv um Spenden für zwei neue Glocken. Diese konnten schließlich am 21. August 1949 wieder feierlich eingeweiht werden.

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