„Solide Finanzen, ruhiges Fahrwasser“

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„Solide Finanzen, ruhiges Fahrwasser“

BUTZBACH. Stephanie Becker-Bösch möchte die Zukunft der Arbeiterwohlfahrt sichern. Foto: schnelzer

Stephanie Becker-Bösch, Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Hessen-Süd, will Vertrauen in Verband stärken

BUTZBACH (thg). Stephanie Becker-Bösch ist neue Vorsitzende des Vorstands des Bezirks Hessen-Süd der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Im Gespräch mit der BZ erklärte die Butzbacherin die Ziele, die Werte, für die die Awo steht, wieder in den Vordergrund zu stellen und das Vertrauen der Menschen in den Zusammenschluss von 19 Kreisverbänden wiederzuerlangen. 

Seit einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue gegen ehemaliges Awo-Spitzenpersonal. Hintergrund waren überhöhte Gehälter, Spenden und Immobiliengeschäfte. 

Vor zwei Jahren sei sie als „einfaches Awo-Mitglied“ in den Bezirksvorstand gewählt worden. Unter anderem wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden, weil eine Frau gewählt werden sollte. „Ich habe mir angeschaut, was in der Aufgabe auf mich zukommt“, sagte Becker-Bösch. „Fragen, die ich stellte, wurden aber nicht so beantwortet, wie ich mir das gewünscht hätte.“ Mit den Vorwürfen gegen Leitungspersonen habe sich dann der Bundesverband befasst. Mit der Task Force um die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin habe sie dann zusammen mit Wirtschaftsprüfern die Hintergründe betrachtet. 

Es habe sich herausgestellt, dass es Geschäfte gab, die nicht zu Gunsten der Awo getätigt worden seien. Als „mindestens moralisch verwerflich“ bezeichnete die Juristin solche Tätigkeiten. In der Folge trennte sich der Bezirksverband vom Generalbevollmächtigten, der an Verkäufen zu 50 Prozent beteiligt gewesen sei, und dem Geschäftsführer. Mit Ulrich Bauch sei Anfang September ein Awo-Fremder zum neuen Geschäftsführer berufen worden. 

Die Awo sei „an die Wand gefahren worden“, jetzt gelte es, den wirtschaftlich instabilen Verein wieder auf eine solide Grundlage zu stellen. „Der Verband hat 3200 Beschäftigte, wir haben kein Interesse an einer Insolvenz“, so Becker-Bösch. Ziel sei es, in einem bis anderthalb Jahren zu sagen: „Wir sind aus dem gröbsten raus.“ Sie selbst ist auf vier Jahre gewählt. 

„Solide Finanzen“ und ein „ruhiges Fahrwasser“ strebt der Bezirksvorstand an. Dazu gehört, dass er Kapital erarbeiten und neue Geschäftsfelder erschließen müsse. Die Vorstandsvorsitzende sieht Potential im Bereich Kinder und Jugend. „Dort gibt es viele Möglichkeiten, sich zu engagieren.“ In anderen Verbänden gebe es bereits gute Ansätze. Und es solle wieder um die Menschen in Hessen-Süd gehen. Sie sehe die Zahlen von Arbeitsagentur und Jobcenter und deren Entwicklung. „Wir müssen die Menschen auffangen.“

Die Werte der Awo sollen wieder im Vordergrund stehen, das Ziel einer „sozialen Gesellschaft“. Der Verband gilt als große Familie. Es gehe darum, Vertrauen wiederzugewinnen, sowohl bei den 17 000 Aktiven, die frustriert seien, als auch bei den Menschen, die der Awo Geld spenden oder vermachen. „Sie sollen wissen, dass das Geld dort ankommt, wo es hin soll.“ Die Awo sei nicht da, um Funktionäre und Geschäftsführer zu finanzieren, sondern Programme umzusetzen, beispielsweise für Mütter, Alleinerziehende oder für „Frühe Hilfen“. 

Becker-Bösch macht zuversichtlich, dass dies mit den neu Gewählten gelingen kann. „Wir haben es geschafft, einen Vorstand mit sehr viel Fachwissen zu bilden.“ Sie stammen teils aus Bankberufen oder Wirtschaftsprüfung. Als stellvertretende Vorsitzende wurden gewählt Georg Einhaus (Kreisverband Main-Taunus), Hans-Jürgen Herbst (Vogelsberg), Joachim Knapp (Offenbach-Land) und Petra Rossbrey (Frankfurt). Beisitzer wurden Reimund Becker (Wetterau), Christian Schüler (Lahn-Dill), Mattias Weitzel (Vogelsberg), Christopher Saal (Gießen-Land), Regina Henge (Bezirksjugendwerk), Dr. Mattias Herget (Main-Kinzig), Manuel Schiewe (Main-Taunus) und Klemens Mielke (Frankfurt). 

Der Awo-Bezirksverband Hessen-Süd hat nach eigenen Angaben rund 15 000 Mitglieder in 19 Kreisverbänden und rund 180 Ortsvereinen. Die Kreisverbände und Ortsvereine der Awo sind organisatorisch, wie wirtschaftlich eigenständig. Die Awo Hessen-Süd unterhält durch ihre Gesellschaften an rund 100 Standorten in Mittel- und Südhessen sowie im Rhein-Main-Gebiet Betriebe und Einrichtungen der Altenhilfe, der Kinder-, Jugend-, Frauen- und Familienhilfe sowie der Behindertenhilfe.

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