GERICHT – Butzbacherin räumt „Fehler im Umgang ein“ / Angeklagter beschreibt Wohnung detailliert
BUTZBACH (jwn). Es wird immer enger für eine 38-jährige Sozialarbeiterin aus Butzbach. Ihr wird vorgeworfen, Sex mit einem Gefangenen beim Freigang gehabt zu haben. Vor Gericht streitet sie das aber beharrlich ab.
Laut Anklage soll die 38-Jährige mit einem jugendlichen Strafgefangenen aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rockenberg Sex während eines Freigangs in ihrer Wohnung gehabt haben (die BZ berichtete). Dem damals 21-jährigen Strafgefangenen war das nicht einmal recht, wie er vor Gericht mehrfach betonte, denn die Angeklagte sei mit über 1,90 Meter Körpergröße dem Heranwachsenden deutlich überlegen. Trotzdem unternahm er zunächst nichts gegen die Beziehung, weil er befürchtet, bei Zurückweisung der Angeklagten Nachteile im Strafvollzug in Kauf nehmen zu müssen.
Obwohl der Strafgefangene die Wohnung der Angeklagten genau beschrieb, ein Indiz also dafür, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt in der Wohnung der Angeklagten gewesen sein muss, streitet sie dessen Besuch bei ihr zu Hause weiterhin ab. Deshalb waren zum zweiten Verhandlungstag Anstaltsleiter Klaus Ernst und dessen Stellvertreter Volker Fleck geladen. Sie sollten das Gericht über den Umgang des Gefängnispersonals mit den Gefangenen im Allgemeinen und über die Vorkommnisse im April 2015 im Besonderen aufklären.
Beide wurden über das offensichtlich engere Verhältnis ihrer Sozialarbeiterin zu einen der Strafgefangenen informiert. „Wir haben das zunächst für ein Gerücht gehalten und deshalb erst einmal gegen den Strafgefangenen wegen übler Nachrede ermittelt“, so die beiden Justizbeamten. Deshalb wurde der Gefangene auch in die JVA nach Wiesbaden verlegt. Als er daraufhin aber Beschwerde im Innenministerium erhob und Details benannte, weil er glaubte, dass die Sozialarbeiterin seine Verlegung aus Rache veranlasst hatte, weil er nicht immer so wollte wie sie, liefen die Ermittlungen anschließend gegen die Frau. Sie wurde zunächst vom Dienst suspendiert, und nun wartet ein Disziplinarverfahren wegen sexueller Handlungen mit Gefangenen auf sie.
„Ich habe sie immer wieder aufgefordert, mehr Distanz zu den Gefangenen zu wahren. Doch sie hat darauf nur mit einem Lächeln und einer Handbewegung geantwortet“, berichtete einer ihrer Kollegen vor Gericht. Auch er habe die Anschuldigung zunächst als „das übliche Gerede“ abgetan. Aber dann habe er auffällige Berührungen zwischen den beiden gesehen, und aufgefallen sei ihm auch, dass der Strafgefangene abends immer sehr lang im Büro der Sozialarbeiterin gewesen sei. Er habe das seinen Vorgesetztem gemeldet.
Während dieser Aussagen blickte die Angeklagte entweder teilnahmslos auf die Zeugen oder schüttelte gelegentlich leicht den Kopf. Ansonsten zeigte sie keine Regung, auch nicht, als klar wird, dass ihre Aussage, dass sie den Strafgefangenen nie mit in ihre Wohnung genommen habe, so nicht stimmen kann.
Laut Anklage soll die Sozialarbeiterin mit dem Strafgefangenen in der JVA Rockenberg Anfang 2015 ein intimes Verhältnis unterhalten und ihm auch Geschenke gemacht haben. Im April 2015 sei es dann während eines begleiteten Ausgangs als Vorstufe für den offenen Vollzug zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr in der Wohnung der Angeklagten gekommen. Aufgeflogen ist das Ganze, weil der Gefangene einen Beratungstermin beim Jobcenter nicht eingehalten habe. Daraufhin sei ihm der offene Vollzug gestrichen worden.
„Ich bin davon ausgegangen, dass sie unser Verhältnis länger aufrechterhalten wollte, denn ganz freiwillig war der Sex von meiner Seite nicht, berichtete der Gefangene vor Gericht. Als die Angeklagte sich ihm das erste Mal mit Streicheln und beabsichtigten Berührungen genähert habe, das sei Ende 2014 gewesen, da habe sie immer wieder vom offenen Vollzug, also seiner vorzeitigen Freiheit, gesprochen. „Der Geschlechtsverkehr bei ihr in der Wohnung war also zum Teil freiwillig, da ich nun einmal ein richtiger Mann bin. Und zum anderen Teil erzwungen, weil ich mir davon den offenen Vollzug versprochen habe“, berichtete der heute 26-jährige Kurde.
Die Frau streitet die Tat rundweg ab. Der Gefangene sei nie in ihrer Wohnung gewesen und Geschlechtsverkehr habe sie mit ihm auch nicht gehabt. Sicherlich habe sie Fehler im Umgang mit ihm gemacht. Das bereue sie inzwischen zutiefst. Aber sie habe ihm weder den offenen Vollzug versprochen, das könne nur ein Gremium in der Haftanstalt unter Leitung des Anstaltsleiters, noch habe sie ihm besondere Geschenke gemacht. Sicherlich habe es kleine Zuwendungen hin und wieder gegeben, doch die hätten alle Gefangenen von ihr im Zuge vertrauensbildender Maßnahmen bekommen. Auch dass sie von ihm gemalte Bilder in ihrem Büro aufgehängt habe, sei nichts Ungewöhnliches, denn das habe sie auch mit Bildern von anderen Häftlingen getan. Sein Gekritzel in ihrem Terminkalender hingegen sei gegen ihren Willen geschehen. Und auch das Marmorherz von ihrem Schreibtisch habe er von sich aus mitgenommen und sei kein Geschenk gewesen. Die Butzbacherin stellte in ihrer Aussage, die sie vom Blatt ablas, die Behauptungen und Anschuldigungen des Mannes als reinen Racheakt dar, weil sie ihm angeblich den offenen Vollzug gestrichen habe.