Veranstaltungsbranche fürchtet wegen „Corona-Berufsverbot“ Insolvenzwelle

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Veranstaltungsbranche fürchtet wegen „Corona-Berufsverbot“ Insolvenzwelle

Industrie- und Handelskammer und Unternehmer Eichenberger fordern Hilfe, die Eigenkapital stärkt

GIESSEN/FRIEDBERG (pm). Betriebe der Veranstaltungsbranche brauchen laut einem Aktionsbündnis und der IHK Gießen-Friedberg schnellstens Unterstützung. Keine Lobby in Berlin, eine Vielzahl kleiner Unternehmen und Solo-Selbständiger in schweren Nöten: Die Organisatoren von Events sind nahezu ausgeschlossen von der Überbrückungshilfe I, kritisieren sie in einer Pressemitteilung. Trotz Zugang zur Novemberhilfe erfolgt nun der Aufschrei: „Wir sind am Ende.“ Denn zwischen April und Oktober sanken die Umsätze zwischen 80 und 90 Prozent.

„Alarmstufe rot“ in der Veranstaltungswirtschaft: „Wir wollen mit einem Aufschrei den Regierungen in Bund und Land klarmachen, dass unsere Branche den Schutz der Menschen gegen das Corona-virus mittragen möchte, dass sie aber wirtschaftlich den Bach runtergeht, wenn nicht schnellstens größere finanzielle Hilfen auf den Weg gebracht werden“, sagte Christian Eichenberger, Inhaber der Eichenberger GmbH in Ober-Mörlen und Vollversammlungsmitglied der IHK Gießen-Friedberg. Seit April dieses Jahres schreibt er gemeinsam mit Kollegen Briefe und E-Mails, ruft Politiker direkt an, formuliert Appelle – bis hin zur Gründung von #AlarmstufeRot, einem internationalen Zusammenschluss von Unternehmen und Solo-Selbständigen der Veranstaltungswirtschaft. 

Nach zwei Demonstrationen in Berlin kehrte im November ein Stück weit Erleichterung ein: „Wir konnten einerseits erreichen, dass das Novemberprogramm auch für einen großen Teil unserer Branche gelten wird. Andererseits bleiben aber zu viele weiterhin unberücksichtigt und in Insolvenzgefahr“, so der 40-Jährige.

Auch die zugesagte finanzielle Unterstützung greift nach Darstellung der Veranstaltungsbranche zu kurz. Eichenberger kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die bisherigen Überbrückungsgelder für viele Veranstaltungsunternehmen nicht ausreichend in Frage kämen. Die Zugangsberechtigungen zu den Hilfen seien so komplex gefasst, dass viele Branchenbetriebe leer ausgehen dürften. Wenn die Lücken nicht geschlossen würden, drohe einem Drittel der Ausschluss, so Eichenberger. Aber immerhin sei es gelungen, dass nunmehr zwei Drittel berücksichtigt würden durch die Anstrengungen des Aktionsbündnisses. 

„Der Bedarf ist zudem wesentlich höher als der zugebilligte Fixkostenzuschuss. 94 Prozent der befragten Unternehmen haben eigenkapitalschädigende Verluste erlitten.“ So auch sein Unternehmen, weil er nie viel Kapital aus der Gesellschaft genommen habe. „Das war wohl ein Fehler“, sagte er sarkastisch, „denn mein Lebenswerk, das ich mir in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut habe, ist nun zerstört.“ 

Bis Mitte Dezember rechnen 40 Prozent der Betriebe  und der Solo-Selbständigen dieser Branche damit, einen Insolvenzantrag stellen zu müssen, ergab eine Umfrage des Verbands für Medien- und Veranstaltungstechnik. Auch sein Betrieb leide immens: „Wir sind seit acht Monaten ohne nennenswerte Geschäftstätigkeit, unsere Umsätze sind nahezu vollkommen eingebrochen. Insgesamt sind allein in Deutschland fast zwei Millionen Beschäftigte in über 300 000 Betrieben in Gefahr“, bringt der Unternehmer es auf den Punkt.

Das entschädigungslose Veranstaltungs- und damit Berufsverbot käme einer Enteignung gleich, zitierte Eichenberger ein Rechtsgutachten, das Professor Foroud Shirvani von der Universität Bonn erstellt hat. Denn Eigentum sei durch die Verfassung geschützt, und allein die Regierung habe schlussendlich in diesem Fall die Verantwortung für die Zerstörung von Eigentum. Damit nicht genug: Auf die Gerichte käme eine Klagewelle von Insolvenzverwaltern zu, die die öffentliche Hand auf Entschädigung verklagen würden, wenn die Insolvenzwelle anrolle. 

Als Lösungsvorschläge fordert das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot unter anderem die Ausweitung der Überbrückungshilfe bis zum Höchstwert gemäß EU-Beihilferahmen und die Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags auf bis zu fünf Jahre. Die Erstattung von Stornokosten beim Ausfall einer Veranstaltung sei eine weitere wichtige Maßnahme, die der Branche helfen werde. „Neben den Bundeshilfen müssen auch die Länder Verantwortung übernehmen, und zwar mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen und nicht über Kredite.“

Auch für Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder von der IHK Gießen-Friedberg ist die Situation in der Veranstaltungsbranche unhaltbar: „Zehn Monate ohne jegliche Einkünfte – unverschuldet – zehn Monate! Wenn wir nicht ein Land ohne Kultur und Veranstaltungsprofis werden wollen, muss Hilfe jetzt kommen. Und zwar Hilfe, die das Eigenkapital stärkt und nicht das Fremdkapital. Vor allem aber braucht die Veranstaltungswirtschaft eine Perspektive, die Mut macht.“

Der Beitrag verfällt zur festgelegten VERFALLSZEIT am VERFALLSDATUM.

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