Wie Gefangene den Heiligen Abend erleben
BUTZBACH (pd). Unter der Überschrift „An der Krippe“ hat ein Insasse der Butzbacher JVA in einer Betrachtung zum 24. Dezember geschildert, wie Gefangene den Heiligen Abend erleben:
„Da sind sie alle versammelt an der Krippe. Maria und Josef, Ochs und Esel, Schafe, Engel, Hirten und Könige. Und Häftlinge. Die gottesdienstliche Gemeinde im Gefängnis singt dieselben Lieder, die auch in fast jeder Pfarrkirche, in jedem Dom gesungen werden. „Stille Nacht“ – auch wenn es gar nicht Nacht und manchmal auch nicht still ist. „O du fröhliche“ – obwohl der Knast kein Ort der Fröhlichkeit ist.
Weihnachten im Knast ist spröde, sperrig, schnörkellos, sachlich. Die gewohnten Äußerlichkeiten fehlen. Keine Bescherung, keine leuchtenden Kinderaugen, keine Familie, kein Festessen. Es bleibt nur dieser Gottesdienst. Statt Festtagskleidung – Sträflingskluft. Einheitliche Hosen, einheitliche Hemden. Gemeinsam wird diese Gemeinde einige hundert Jahre Haftzeit – unzählige Straftaten und Verbrechen – mit an die Krippe bringen.
Aber kommt es nicht gerade darauf an: Sich auf den Weg zur Krippe zu machen? Jesus zu begegnen? Dem Kind in der Krippe Herz und Verstand zu öffnen und mit der Botschaft der Menschlichkeit und des Friedens zurückzukehren? Zurückzukehren in die Zellen im Knast, in die Häuser der Stadt und dort das Erlebte zu leben?“
Weihnachten im Knast ist gar nicht so viel anders als draußen in der Pfarrkirche oder im Dom: Es ist eine persönliche Herausforderung, das persönliche Bekenntnis:
Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben.
Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn.
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin.
Und lass dir’s wohl gefallen. (Gotteslob 256,1)